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Bundesgericht stützt nächtliche Glockenschläge weiterhin

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14.12.2017
Im jüngsten Entscheid weicht das Bundesgericht nicht von vorherigen ab. Die Wädenswiler Kirchenglocken dürfen weiterhin viertelstündlich schlagen.

Es dürfte ein wegweisendes Urteil sein, sagt Matthias Walter, Glockenexperte und Präsident der Schweizer Gilde der Carillonneure und Campanologen: Die Glocken der reformierten Kirche Wädenswil können weiterhin auch nachts jede Viertelstunde schlagen. Das Bundesgericht in Lausanne stiess damit Entscheide des Zürcher Baurekursgerichtes und des Verwaltungsgerichtes um. Diese hatten dem Kläger Recht gegeben und verfügt, die Viertelstundenschläge zwischen 22 und 7 Uhr seien zu stoppen und nur die vollen Stunden zu schlagen.

In Wädenswil «fest verwurzelt»
Das Bundesgericht sieht es anders: Die Viertelstundenschläge auszusetzen, sei «angesichts der beschränkten Wirkung in Bezug auf den Lärmschutz und dem in Wädenswil fest verwurzelten nächtlichen Glockenschlag nicht gerechtfertigt», heisst in der Mitteilung zum Urteil. Matthias Walter zeigt sich erleichtert: «Ich bin froh, dass das Bundesgericht mit diesem Entscheid auf der gleichen Linie bleibt wie bereits in den drei letzten ähnlichen Fällen.»

Unter Glockenexperten habe man befürchtet, das Gericht könne sich von einer ETH-Studie von 2011 beeinflussen lassen. Diese kam mit Messungen bei 27 Personen zum Schluss, dass sich die Wahrscheinlichkeit für Aufwachreaktionen durch Glockenschläge ab 40 Dezibel erhöhen kann – Reaktionen, die jeder schlafende Mensch natürlicherweise durchschnittlich rund 30 Mal pro Nacht aufweist. Die Studie sei nicht schlecht, sagt Walter. «Aber man muss die richtigen Schlüsse daraus ziehen.» Und das habe das Bundesgericht offensichtlich getan.

Langer Weg durch die Gerichte
Seinen Anfang nahm der Fall 2014. Ein Ehepaar aus der Umgebung der Wädenswiler Kirche gelangte an den Stadtrat. Es sah sich gesundheitlich beeinträchtigt und ersuchte darum, die stündlichen und viertelstündlichen Glockenschläge der Kirche in der Nacht zwischen 22 und 7 Uhr einzustellen und das Frühgeläut von 6 auf 7 Uhr zu verlegen. Dem Wunsch bezüglich Frühgeläut kam die Kirchgemeinde nach – dem anderen nicht. Auch der Stadtrat lehnte den Antrag ab.

Das Ehepaar gelangte ans Baurekursgericht, das 2015 eine Einstellung der Viertelstundenschläge anordnete. Diesen Entscheid wiederum zogen die Kirchgemeinde und die Stadt ans Verwaltungsgericht weiter – und nach dessen Bestätigung ans Bundesgericht. Dieses gewichtet nun nicht allein den Lärmschutz. Bei einer Beschränkung der Betriebszeiten seien die Interessen abzuwägen: das Ruhebedürfnis der Bevölkerung und das Interesse am Läuten der Glocken.

Vielen gefällt es einfach
Glockenexperte Matthias Walter schätzt diese Abwägung als realitätsnah ein. «Ich bin selbst immer wieder überrascht, welch starken Rückhalt das Geläut und Stundenschläge bei der Bevölkerung haben.» Und zwar höre er oft in Gesprächen, dass die Klänge schlicht und einfach gefallen. Das zeigte sich in Wädenswil auch in einer Petition für die Beibehaltung der Viertelstundenschläge, die das Bundesgericht ebenfalls in seiner Urteilsfindung berücksichtigte: Über 2000 Personen der Stadt mit 21'500 Einwohnern haben diese unterschrieben.

Marius Schären, reformiert.info, 14. Dezember 2017

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