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Der Tonseelsorger

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03.07.2018
Im Sommer, während der Festivalzeit, ist Philippe Stalder als freischaffender Tontechniker unterwegs. Ansonsten amtet der Theologe und Musiker als Pfarrer in der Berner Gemeinde Muri-Gümligen. Für ihn alles andere als ein Widerspruch.

Für Philippe Stalder sind Musik und Theologie nah beieinander. «Ob ich predige oder ein Konzert abmische, ob ich als Seelsorger oder als Tontechniker arbeite, spielt keine so grosse Rolle: Wenn alles stimmt, wenn eine Aufnahme oder ein Gottesdienst gelingt, dann ist es ein mystischer Moment.»

Seit gut vier Jahren ist der 62-jährige Berner zu fünfzig Prozent als Gemeindepfarrer angestellt und die anderen fünfzig Prozent im Tonstudio oder an Musikfestivals engagiert. Er sieht darin keinen Widerspruch, im Gegenteil. «Ich bin nun mal beides», sagt Stalder, «und in beiden Fällen diene ich sozusagen etwas Drittem, etwas, das grösser ist als wir alle und das in den besten Momenten auch spürbar ist.»

Auf Tour mit «Patent Ochsner»

Schon als Gymeler komponierte Philippe Stalder Songs und hatte eine eigene Band. Nach dem Theologiestudium Mitte der 1980er Jahre übernahm er ein Pfarramt in der Nähe von Bern mit allem, was dazugehörte: Gottesdienste, Seelsorge, Unterweisung. Zeit zum Musik machen blieb ihm daneben kaum noch.

Mehr oder weniger durch Zufall kam er als Cellist und Gitarrist zur Mundart-Band «Patent Ochsner» und beschloss, ganz auf die Musik zu setzen. «Das war eine gute Zeit», fasst Stalder zusammen. «Ich durfte äusserst erfolgreiche Jahre der Ochsners miterleben. Nur finanziell ging es mit meiner immer grösser werdenden Familie je länger je weniger auf.»

Leidenschaft im Pfarramt

In Gümligen wurde ein Pfarrer gesucht – und Philippe Stalder bekam die Stelle. Vieles am Pfarrberuf mag er, vor allem aber die Arbeit mit Jugendlichen und die als Seelsorger. «Nach Trauergesprächen beispielsweise fühle ich mich oft reich beschenkt von der Offenheit der Menschen.» So viel Leben würde er kaum je sonst in Erzählungen spüren.

Und in der kirchlichen Unterweisung erlebe er junge Menschen, die an der Schwelle zum Erwachsensein stünden und sich mutig den grossen Fragen des Lebens stellten. «Man könnte vielleicht meinen, eine KUW-Klasse sei eine Horde von hormongesteuerten, schwer zu führenden Jugendlichen. Weit gefehlt: Die meisten davon sind auf der Suche nach Antworten und froh, wenn man sie ernst nimmt. Und das ist mir ein Herzensanliegen.»

Empfangen als Gnade

Nun hat der Tonseelsorger, wie einige ihn nennen, also endlich eine Fifty-Fifty-Lösung, bei der er beide grosse Leidenschaften kombinieren kann. Er erinnert sich, dass sie bei den Konzerten von «Patent Ochsner» die Bühne jeweils als heiligen Raum bezeichneten. «Auch wenn man auf der Bühne oder in einem Gottesdienst vor allem damit beschäftigt ist, etwas zu geben, findet in beiden Fällen eine Interaktion mit dem Publikum respektive mit den Gottesdienstbesuchern statt. Sowohl als Pfarrer als auch als Künstler kann man auch viel empfangen. Das empfinde ich als Gnade.»

Katharina Kilchenmann/reformiert.info

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