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Zwingli, Dudelsack und Gänsehaut

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20.07.2018
Reformierte aus Schottland besuchten an den Internationalen Begegnungstagen zur Reformation die Schweiz. Was eine schottische Pfarrerin über Zürich, die Reformation und Zwingli denkt.

Der Reformator Huldrych Zwingli als Prediger, beim Übersetzen der Bibel oder wie er im Grossmünster nach der Abschaffung der Messe mit der Gemeinde das erste Abendmahl feiert: Die Dübendorfer Pfarrerin und Reformationsbotschafterin Catherine McMillan kennt alle Geschichten, die das Zwingli-Bronze-Portal am Südeingang des Grossmünsters erzählt. «Mit dem Mushafen begründete Zwingli quasi das erste Sozialsystem in Europa», erklärt sie auf das entsprechende Reliefbild zeigend vor ihrer schottischen Reisegruppe, die im Rahmen der internationalen Begegnungstage zum Reformationsjubiläum (siehe unten) zu Besuch in Zürich ist und – trotz heisser Temperaturen – gebannt ihren Ausführungen lauscht. 

Nur eine Seite über Zwingli           

Unter den Zuhörern ist auch die schottische Pfarrerin Barbara Ann Sweetin, die mit ihrem knallig roten T-Shirt geradezu aus der Masse heraussticht. Sie war es, die vorletzten Frühling nach einem Zwingli-Vortrag von McMillan (ebenfalls gebürtige Schottin) in Edinburgh die Idee zu den länderübergreifenden Besuchen hatte. «Unsere Partnergemeinde in Budapest und die reformierten Partner der Schwerzenbacher aus Bayern haben wir auch gleich mit an Bord genommen», sagt sie strahlend. Denn sie alle wurden von den Schweizer Reformatoren Zwingli, Bullinger und Calvin stark geprägt.

Dennoch ist Zwingli in Schottland beinahe unbekannt. «In den Geschichtsbüchern finden sich immer viele Seiten über Calvin, aber nur eine über Zwingli», so Sweetin. Auf dem Rundgang kann sie daher viel lernen. Zum Beispiel, dass das typisch Reformierte, etwas für die Gesellschaft zu bewegen, von Zwingli auf die anderen übergegangen sei – auch auf Johannes Calvin. Der Genfer Reformator spielt in der schottischen Reformationsgeschichte eine wichtige Rolle. Denn bei ihm fand der schottische Reformator Knox Unterschlupf, als er von einem Todesurteil bedroht vor seinen katholischen Gegnern floh. Zurück in der Heimat begründete Knox ab 1559 die presbyterianischen Kirchen, zu der auch die Church of Scotland – für die Sweetin arbeitet – gehört.

Kasualien sehr beliebt

Fasziniert ist Sweetin insbesondere von der Froschauer-Bibel aus dem Jahr 1531, die im Chor des Grossmünsters just an der Stelle ausgestellt ist, an der Zwingli mit seinem Team vor fast fünfhundert Jahren mit der Übersetzung ins Deutsch begonnen hatte.

Überhaupt beeindrucke sie die Atmosphäre im Grossmünster mit den farbigen Glasfenstern im sonst schlichten, nicht dekorierten Raum. Mit der reformierten Kirche fühlt sie sich stark verbunden. «Von den Ansichten her, der Art Gottesdienste zu feiern und diakonisch tätig zu sein, sind wir sehr ähnlich», sagt sie. Finanziell gehe es ihrer Kirche jedoch viel schlechter: «Wir haben nur freiwillige Mitglieder, die keine Kirchensteuer bezahlen», erklärt sie auf dem Weg zum Zwingli-Denkmal, dem nächsten Halt der Reisegruppe. Entmutigen lässt sich die beherzte Pfarrerin nicht: Obwohl offiziell nur zehn Prozent der Schotten Kirchenmitglieder sind, bekenne sich in ihrer Heimat fast jeder Zweite zur Church of Scotland. «Die Kasualien sind für die meisten selbstverständlich».

Das «absolute Highlight»  während ihres Besuchs in der Schweiz war für Sweetin dann auch der Gottesdienst am Sonntagmorgen. Gegen 300 Leute waren in der Kirche Dübendorf versammelt. Dudelsack und Orgel spielten zusammen schottische Volkslieder, ein Opernsänger sang ungarische Volkslieder. «So manch einer hatte bei den vertrauten Klängen Tränen in den Augen und Gänsehaut», sagt Barbara Ann Sweetin am Dienstag kurz vor ihrer Abreise. Sie betont aber auch: «Die Liebe zur Heimat ist gut und schön, doch wir sind alle Bürger des Himmels, Brüder und Schwestern in Christus.»

Sandra Hohendahl-Tesch, reformiert.info

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