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«Gleichstellung ist die beste Prävention gegen Gewalt an Frauen jeden Alters»

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03.12.2019
Die Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen» fokussiert dieses Jahr auf Gewalt an Frauen im Alter. Mit über 100 Veranstaltungen und Aktionen sensibilisiert sie schweizweit für die Thematik.

Drei Tage lang leuchtete der Turm des Berner Münsters orange. Die Aktion wollte ein Zeichen setzen, dass Gewalt an Frauen nicht toleriert wird. «So wollen wir das Thema in den öffentlichen Raum tragen, denn es geht uns alle an. Die Gesellschaft muss hinschauen und über die Gewalt sprechen, damit allen klar wird, dass sie inakzeptabel ist. Wir brauchen endlich vollständige Gleichstellung. Nur so kann Gewalt nachhaltig verhindert werden», sagt Anna-Béatrice Schmaltz, Kampagnenleitern von «16 Tage gegen Gewalt.» Gemäss Umfragen erlebt jeder dritte Frau Gewalt in ihrem Leben.

Rund eine halbe Million in der Schweiz betroffen
Die Kampagne fokussiert dieses Jahr auf Gewalt an Frauen im Alter. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterscheidet zwischen psychischer, physischer, finanzieller und sexueller Misshandlung von älteren Menschen. Auch die Vernachlässigung oder das bewusste Ignorieren von Bedürfnissen älterer Menschen zählt zu den Formen der Misshandlung.

Gemäss einer Umfrage von WHO sind 20 Prozent von Menschen über 60 Jahren davon betroffen, unter den pflegebedürftigen älteren Menschen sogar 25 Prozent. Zwar gibt es in der Schweiz keine nationale Erhebung zur Thematik. Es ist aber davon auszugehen, dass hierzulande 300'000 bis 500'000 über 60-Jährige Gewalt erfahren.

Abhängigkeitsverhältnis und Altersarmut
«Dass Gewalt vielfach betagte Frauen betrifft, ist ein noch grösseres Tabu», sagt cfd-Präsidentin Marianne Högstedt an der Medienkonferenz der Kampagne. Geschlechterungleichheiten setzten sich bis ins hohe Alter fort und spitzten sich teilweise zu, so auch im ungleichen Alterseinkommen.

«Frauen erhalten im Durchschnitt eine 37 Prozent tiefere Rente als Männer, weil sie ihre Leben lang unbezahlte familiäre Betreuungs- und Versorgungsarbeit sogenannte Care-Arbeit geleistet und für tiefen Lohn gearbeitet haben. Das führt zu Abhängigkeitsverhältnissen und Altersarmut», sagt Högstedt.

Reduktion auf Stereotypen und fehlende Sensibilität
Neben physischen und psychischen Übergriffen würden ältere Frauen oft auch auf die Rolle der Hausfrau und Grossmutter reduziert. Im Gesundheits- und Altersbereich fehle es an Sensibilität und Wissen zur Lebensrealität von älteren Menschen mit Migrationshintergrund. «Sie sind öfters von Armut betroffen und schätzen ihre körperliche und psychische Gesundheit durchschnittlich schlechter ein als Schweizerinnen», sagt Högstedt. Auch lesbische Frauen im Alter seien in der Öffentlichkeit wenig sichtbar, die Diskriminierungen bei der Witwenrente erlitten.

«Gleichstellung und die Verhinderung von Gewalt an Frauen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe», betont die cfd-Präsidentin. Im Jahr des Frauenstreiks und der fulminanten Frauenwahl sei es endlich an der Zeit, Gleichstellung ernsthaft voranzutreiben.  «Gleichstellung ist die beste Prävention gegen Gewalt an Frauen jeden Alters. Dafür setzten wir uns konsequent und nachhaltig ein.»

Nicola Mohler, reformiert.info, November 2019

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