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Muskelsport statt Bibelwort

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12.10.2016
Ein italienischer Fotograf reist seit zehn Jahren durch Italien und fotografiert Kirchen, die nicht mehr als Kirchen genutzt werden. Eine Ausstellung in Bern zeigt fünfzig seiner Aufnahmen.

Eine Fotografie zeigt einen mit Fitnessgeräten bestückten Raum. Nichts Aussergewöhnliches, mag der Betrachter im Zeitgeist des Körperkultes denken. Neben Gewichtmaschinen, Hanteln und Wänden, die Poster mit stählernen Körpern zieren, fallen die weissen Stuckaturen und der längliche Raum auf. Würde die Aufnahme nicht in einer Fotoausstellung von umgenutzten Kirchenräumen gezeigt, käme man selbst nicht auf die Idee, dass sich das Fitnesscenter in einer ehemaligen katholischen Kirche befindet.

Nachtclub, Moschee und Werkstatt
Die Ausstellung «The Mass is Ended» zeigt Bilder des Mailänder Fotografen Andrea di Martino. Während den letzten zehn Jahren hat er die Umnutzung von Kirchen in ganz Italien dokumentiert. Daraus ist eine zum Nachdenken anregende Sammlung entstanden –besonders im Hinblick auf die hierzulande geführten Diskussionen um schwach genutzte Kirchen. Zu sehen sind in der Ausstellung fünfzig Aufnahmen, die stets die gleiche Perspektive aufweisen: Der Fotograf hat sein Objektiv immer in den Kirchenchor gerichtet. Je nachdem, wie die ehemalige Kirche heute genutzt wird, stehen unterschiedliche Gegenstände im Mittelpunkt des Bildes. In einer als Nachtclub umfunktionierten Kirche in Mailand ist es ein Spiegel hinter der Bar. In einer Kirche in Napoli, die heute als Moschee dient, erblickt der Betrachter statt den Kirchenchor eine eingebaute Qibla-Wand, die die Gebetsrichtung nach Mekka angibt. Oder auf der Aufnahme einer Autowerkstatt hängt über einer Leuchtreklame von Bosch ein hölzernes Kreuz.

Diskussion um Kirchenumnutzung anregen
«Der Besitzer der Werkstatt bekreuzigt sich jeden Morgen, bevor er mit der Arbeit beginnt, und zollt so dem ehemaligen sakralen Raum seinen Respekt», erklärt Dorothea Walther die Aufnahme der als Autowerkstatt genutzten Kirche. Die Bernerin sah die Ausstellung mit den Bildern von di Martino zum ersten Mal in Basel und war begeistert. Sofort war für sie klar: Diese Ausstellung muss auch in Bern gezeigt werden. «Die Bilder brechen Tabus in den Diskussionen rund um die zukünftige Nutzung von wenig frequentierten Kirchen», findet Dorothea Walther.

Nicola Mohler / reformiert.info / 12. Oktober 2016

Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».

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