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Zertifikat «selbsthilfefreundliche Klinik»

Zug: Für mehr Hilfe zur Selbsthilfe

von Carole Bolliger
min
25.04.2024
Patientinnen und Patienten sollen besser über das Angebot von Selbsthilfegruppen informiert werden. Dafür strebt die Klinik Zugersee das Zertifikat «Selbsthilfefreundliche Klinik» an. Mit dabei ist auch die Triangel Beratung Zug, ein Angebot der Reformierten Kirche im Kanton Zug.

Ein Austausch mit Gleichgesinnten, das Gefühl des Verstandenwerdens, sich abgeholt und nicht allein fühlen – Selbsthilfeangebote für Betroffene und Angehörige können eine wertvolle Stütze sein. «Die Rolle, die Selbsthilfegruppen im Gesundheits- und Sozialbereich spielen, sollte nicht unterschätzt werden», sagt Michael Rufer, Chefarzt Klinik Zugersee.

Die Selbsthilfegruppen hätten ein niederschwelliges Angebot, welches die Gesundheitskompetenzen der Teilnehmenden stärken und das soziale Leben unterstützen könnte. Seine Klinik ist seit einem halben Jahr Teil eines Projektes von Selbsthilfe Schweiz. Ziel ist die Förderung der gemeinschaftlichen Selbsthilfe als Ergänzung zu einem Klinikaufenthalt und zur Nachsorge. Rufer wird konkreter: «Wir wollen möglichst viele Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörige bereits während des stationären Aufenthaltes in unserer Klinik über das Angebot von Selbsthilfegruppen informieren, sie diesbezüglich beraten und auch erste Kontakte mit diesen Angeboten ermöglichen.»

Dafür strebt das Zentrum für Psychiatrie und Psychotherapie in Oberwil-Zug das Label «Selbsthilfefreundliche Klinik» an. Diese Zertifizierung würde laut Rufer dazu beitragen, die umgesetzten Massnahmen nachhaltig zu verankern, und «nicht zuletzt wäre es eine motivierende Bestätigung unseres Engagements».

Verständnis erleben

Selbsthilfegruppen tragen zur Angebotsvielfalt an den Kliniken und Spitälern bei und decken einen Teil der Informationen, des Austauschs und der Orientierung ab, welche die Patientinnen und Patienten sowie Angehörigen benötigen. Um die Selbsthilfe verstärkter zu fördern, setzt die Klinik Zugersee auf eine enge Kooperation mit den drei Selbsthilfezentren der Kantone Uri, Schwyz und Zug sowie deren Selbsthilfegruppen.

 

In den Selbsthilfegruppen erfahren viele Teilnehmende zum ersten Mal Verständnis für ihre Situation, ihre Ängste und ihre Gefühle.

 

Damit Betroffene und Angehörige die verschiedenen Möglichkeiten von Selbsthilfe überhaupt kennen, kommuniziert die Klinik über verschiedene Kanäle: durch Infomaterial vor Ort, online, aber natürlich auch direkt im Behandlungsprozess, allerspätestens beim Austritt. Zudem werden immer wieder Selbsthilfezentren und Selbsthilfegruppen in Klinikweiterbildungen miteinbezogen.

«Für viele Patientinnen und Patienten sind Selbsthilfegruppen eine wichtige Unterstützung», weiss Sonya Albrecht. Sie ist Psychotherapeutin und Beraterin bei der Triangel Beratung Zug, die ein Angebot der Reformierten Kirche des Kantons Zug ist. Ebenso leitet sie eine Selbsthilfegruppe für Eltern, die ihr Kind verloren haben. «In den Selbsthilfegruppen erfahren viele Teilnehmende zum ersten Mal Verständnis für ihre Situation, ihre Ängste und ihre Gefühle – sie dürfen sein, wie sie sind, und müssen sich nicht verstellen.» Mit wenig könne man vieles in Gang bringen und bewirken, ist sie überzeugt.

 

Triangel Beratung Zug

In der Schweiz gibt es laut Selbsthilfe Schweiz rund 2400 Selbsthilfegruppen. Ihnen wächst alles über den Kopf? Probleme in der Familie oder der Partnerschaft? Oder Sie möchten sich mit anderen austauschen, die Gleiches oder Ähnliches erlebt haben wie Sie?
Die Triangel Beratung Zug der Reformierten Kirche steht allen Zugerinnen und Zugern zur Verfügung. Infos und Kontakte unter: www.triangel-zug.ch

 

Die Triangel Beratung hat im Projekt hauptsächlich die Aufgabe des Informierens. «Wir informieren über verschiedene Wege, was für Selbsthilfegruppen wir haben, vermitteln aber auch Gruppen, die es in Zug nicht gibt, aber dafür vielleicht in Schwyz, Uri oder auch Luzern», erklärt Sonya Albrecht. Auch an verschiedenen Veranstaltungen ist die Triangel Beratung präsent. Darüber hinaus steht die Klinik mit den Selbsthilfezentren und den Selbsthilfegruppen in regelmässigem Erfahrungsaustausch, um die Umsetzung der Massnahmen zu überprüfen, wie Michael Rufer sagt.

Erfreuliche Zusammenarbeit

Der Chefarzt und treibende Kraft hinter dem Projekt zieht eine erste positive Bilanz. Er spricht von einem guten Start und einer aus seiner Sicht sehr erfreulichen Zusammenarbeit. Es gebe wenig Hürden, und alle Beteiligten sähen schnell den Nutzen des Projekts, was sehr motivierend sei. Auch Sonya Albrecht zeigt sich zufrieden. Mit dem Projekt sei ein wichtiger Schritt in Sachen Öffentlichkeitsarbeit gemacht worden. «Dadurch können wir den Patientinnen und Patienten, aber auch den Angehörigen einfachere Wege und einen niederschwelligen Zugang zu unserem Angebot ermöglichen.» Die Klinik strebt die Zertifizierung auf den 1. Januar 2025 an. Am 21. Mai ist der offizielle Tag der Selbsthilfe. Dann findet ein Infoanlass zur Selbsthilfe in der Klinik Zugersee statt.

 

 

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