113 neue Gesetze gegen die Rechte von Frauen
Frauen und Mädchen in Afghanistan sind schlecht dran – um es mild zu formulieren. Die Berner Organisation «Women’s Hope International» zeigt das unter anderem anhand der politischen Entwicklung: Die Taliban hätten seit der Machtübernahme vor gut drei Jahren allein 113 Gesetze erlassen, die speziell auf die Einschränkung der Rechte von Frauen abzielen.
Mittlerweile ist es in Afghanistan Mädchen ab der sechsten Klasse verboten, die Schule zu besuchen. Das ist einzigartig auf der Welt. In vielen Regionen des Landes dürfen Frauen das Haus nur noch mit einer männlichen Begleitung verlassen. Und abgesehen mit wenigen Ausnahmen ist den Frauen verboten, einer Arbeit nachzugehen.
Ein letzter sicherer Raum
Trotz dieser «alarmierenden Situation» im zentralasiatischen Staat setze sich die Organisation ein, Frauen vor Ort zu stärken und ihre Gesundheit und Rechte zu fördern, sagt Selina Leu, Verantwortliche Kommunikation bei Women’s Hope International. Zurzeit geschehe das in zwei Projekten. Eines wird in der Hauptstadt Kabul durchgeführt und eines in Scheberhan, einer Provinzhauptstadt im Norden des Landes nahe der Grenze zu Turkmenistan.
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Womens Hope International und «16 Tage gegen Gewalt an Frauen»
Die Berner Nichtregierungsorganisation setzt sich weltweit für Frauenrechte und sichere Schwangerschaften ein. Mit Projekten in den Ländern Afghanistan, Äthiopien, Bangladesch und Tschad leistet sie wichtige Entwicklungszusammenarbeit und trägt zur Stärkung von Frauen und Mädchen bei.
Die Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen» leistet mit ihren vielfältigen Veranstaltungen einen Beitrag dazu, bei geschlechtsspezifischer Gewalt genauer hinzuschauen und diese Gewaltform zu bekämpfen. Die 16 Aktionstage beginnen stets am 25. November, dem Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen; Abschluss ist am Tag der Menschenrechte, dem 10. Dezember. Mit diesen Daten soll deutlich gemacht werden, dass Frauenrechte Menschenrechte sind. Geschlechtsspezifische Gewalt ist immer auch eine Menschenrechtsverletzung.
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«Von Bern aus finanzieren wir unter anderem die Löhne von zwölf Frauen, die Selbsthilfegruppen leiten. In rund 120 Gruppen treffen sich etwa 2000 Frauen regelmässig», weist Leu auf die beeindruckenden Zahlen hin. Sie vernähme immer wieder, dass diese Gruppen für die Frauen der letzte sichere und stärkende Raum sei, in dem sie sich austauschen könnten. Themen in den Gruppen seien beispielsweise die Stellung der Frauen in den Familien, die Gefahr früher Verheiratungen von Töchtern oder einander zu unterstützen im Aneignen von Wissen, unter anderem schreiben und lesen zu lernen.
Warum das auch in der Schweiz wichtig ist
Im Rahmen der Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen» in der Schweiz organisiert das Berner Hilfswerk nun zwei Veranstaltungen. Dabei wird ein filmisches Porträt von vier afghanischen Frauen gezeigt, in der anschliessenden Diskussion sind eine junge Aktivistin mit afghanischen Wurzeln und eine Mitarbeiterin von Women’s Hope dabei. «Unser Ziel ist es, die Öffentlichkeit für die Herausforderungen afghanischer Frauen zu sensibilisieren und gleichzeitig positive Ansätze zu präsentieren, wie wir von der Schweiz aus Veränderungen bewirken können», sagt Selina Leu.
Wichtig sei, die Situation der Frauen in Afghanistan nicht zu vergessen und sie womöglich zu unterstützen. Von beteiligten Frauen in den Projekten wüssten sie, dass es für sie wichtig sei zu spüren, dass ihre Situation wahrgenommen und sie auch im Ausland nicht vergessen gingen, hält Leu fest.
Als konkrete Unterstützungsmöglichkeit nennt sie den Verein «Wild Flower». Diesen habe eine junge Frau mit afghanischen Wurzeln gegründet, die in Zürich das Gymnasium besuche. Es ist eine Online-Schule, in der Freiwillige aus der Schweiz afghanische Mädchen und Frauen unterrichten.
Auch die Politik ist gefordert
«Neben der rein praktischen Ebene ist es wichtig, dass auch auf der politischen Ebene etwas passiert. Die Schweiz gewährt afghanischen Frauen mittlerweile in der Regel Asyl – allein aufgrund ihres Geschlechts. Das ist wichtig und an dieser Praxis muss die Schweiz unbedingt festhalten», sagt Selina Leu weiter.
Die Schweiz könne aber noch mehr tun: Etwa indem sie für afghanische Menschenrechtsaktivistinnen, Journalistinnen, Politikerinnen und generell für Frauen, die in grosser Gefahr schweben, unkompliziert und rasch ein humanitäres Visum ausstellen würde. Die Hilfswerk-Mitarbeiterin ergänzt: «Konkret könnte die Schweiz zudem afghanischen Männern, die bereits in der Schweiz leben, den Familiennachzug erleichtern und so ihren Frauen die Möglichkeit geben, Unterdrückung und Verfolgung zu entkommen.»
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