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Die Täufer

«500 Jahre lang ein Motor gesellschaftlicher Entwicklung»

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27.02.2025
Felix Blum, Pfarrer im Ruhestand, ist ein Kenner der Täuferbewegung. Im Interview erzählt er über die wechselvolle Beziehung zwischen Reformierten und Täufern, die Rolle von Schaffhausen und darüber, was wir heute noch von ihnen mitnehmen können.

Felix Blum, Sie haben viel über die Täufer geforscht. Was ist Ihr Fazit?

Die Täufer leben seit 500 Jahren konsequent gemäss ihren Vorstellungen, haben sehr viel gewagt, sind verfolgt worden und haben einen hohen Preis dafür zahlen müssen. Die Täuferbewegung ist ein spannendes Kapitel unserer reformierten Kirchengeschichte, wenn auch nicht spannungsfrei. Die Täufer haben sich abgesondert, haben das Verhältnis von Kirche und Staat in Frage gestellt, waren über 500 Jahre lang ein Motor unserer gesellschaftlichen Entwicklung, die sie stark geprägt haben.

Weshalb kam es zum Bruch zwischen Zwingli und den Täufern?

Zwingli und die Täufer waren ursprünglich sehr eng verbunden. Die Täufer waren junge Mitarbeiter von Zwingli im Alter von 25 bis 30 Jahren, revolutionäre Aktivisten, gebildete Humanisten. Innerhalb von sechs Jahren jedoch ist Zwingli durch diese engsten Freunde und Mitstreiter in eine Zwickmühle geraten. Er hatte endlich die Zürcher Regierung für sich und die Reformation gewinnen können. Die Täufer jedoch waren für die Regierung zu extremistisch. Zwingli wurde der Preis zu hoch. Zumal er der Meinung war, die Bevölkerung sei noch nicht ganz reif für eine Reformation, man müsse weiterpredigen, die Täufer hingegen wollten nicht weiterwarten. 1526 verbot der Zürcher Rat die «Wiedertaufe» unter Androhung der Todesstrafe. 1527 wurde Felix Manz als erster von sieben Täufern in der Limmat ertränkt – mit der Bemerkung: «Wer sich zweimal taufen lässt, soll noch ein drittes Mal untergetaucht werden.»

Hat es mittlerweile eine Versöhnung zwischen Täufern und Reformierten gegeben?

Ja. Der ZĂĽrcher Kirchenrat hat 2004 die Mennoniten eingeladen und sich dazu bekannt, dass die Verfolgung damals ein Verrat am Evangelium war.

Welche Rolle spielte Schaffhausen zu jener Zeit?

Aufgrund der Todesstrafe, die in Zürich über die Täufer verhängt wurde, flüchteten viele nach Schaffhausen und lebten dort im Untergrund. 1527 gingen die Vorstellungen von Konrad Grebel, einem Fundamentalisten und Pionier der Täuferbewegung, in das Schleitheimer Bekenntnis ein. In diesem ersten schriftlichen Glaubensbekenntnis wurden die Glaubensgrundlagen der Täufer festgehalten. Dieses Buch hat bis heute eine enorme Bedeutung für die Täufer. Michael Sattler, ein ehemaliger Benediktinermönch und der Verfasser des Schleitheimer Bekenntnisses, wurde kurze Zeit später von katholischen Behörden in Rottenburg gefoltert und hingerichtet.

Können die Reformierten in der heutigen Zeit etwas von den Täufern mitnehmen?

Heute, wo die grossen Landeskirchen selbst zu einer Minderheit werden, können wir von den Täufern lernen, wie man sich als Minderheit in einer pluralistischen Zeit einbringen kann. Das Element des konsequenten Versuchs, Frieden zu leben und gewaltlosen zivilen Widerstand zu leisten, wo Menschenrechte ausgehebelt werden, ist schon beeindruckend.

 

500 Jahre Täufer

In den frühen 1520er-Jahren arbeiteten Ulrich Zwingli und die späteren Täuferführer Konrad Grebel und Felix Manz eng zusammen, um die Reformation in Zürich voranzutreiben. Doch es kam zum Bruch, als die Täufer radikalere Reformen forderten. 1525 vollzogen sie die erste Gläubigentaufe (nur mündige Menschen, die ihren Glauben bewusst bekennen, werden getauft), die als Anfang der Täuferbewegung gesehen wird. Die städtischen Behörden in Zürich sahen dies als revolutionären Akt an. Ein Jahr später wurde für die Wiedertäufer die Todesstrafe verhängt. Viele Zürcher Täufer versteckten sich daraufhin in Schaffhausen, andere gingen der Aare entlang nach Basel oder ins Emmental, wo sie von den Berner Verantwortlichen gejagt wurden. Um den Reformierten in Bern eine Quittung zu geben, erlaubte der katholische Bischof in Basel den Täufern, sich auf den Jurahöhen anzusiedeln. Allerdings mit der Auflage, dass sie nicht unter 1000 Meter gehen durften, um nicht mit der Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Die Taufe ist nicht das einzige zentrale Thema der Täufer. Sie stehen für Mündigkeit, eine Selbstständigkeit im Denken und im Entscheiden, den Wunsch, die Bibel selbst lesen zu wollen und sich nichts vom Staat vorschreiben zu lassen. Daneben lehnen sie den Militärdienst ab, stehen für Gewaltlosigkeit und gemeinschaftlichen Besitz.

• 29. Mai: Auffahrtsgottesdienst auf dem Zelgli. In Zürich wird am selben Tag der Weltkongress der Mennoniten stattfinden, zusammen mit der Zürcher Landeskirche.

• 22. Februar: im Schaffhauser Fernsehen, ab 18 Uhr, stündlich wiederholt: «Gedanke am Wuchenend» mit Felix Blum im Täuferzimmer in Schleitheim.

• 2017 wurde der Täuferweg von der Randenvereinigung ausgebaut und macht die Geschichte der Täufer am Randen erlebbar. Eine Variante ist der flachere Fahrweg von der Chälle zum Täuferstein und zum Zelgli oder eine Planwagenfahrt von Merishausen oder Hemmental aus.

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