Hilfswerke fordern sichere Fluchtwege
Nach dem Fall von Kabul haben die Hilfswerke vom Bundesrat die Aufnahme von besonders gefährderten Personen aus Afghanistan gefordert. Die Schweiz müsse jetzt rasch und unbürokratisch Hand bieten und 5000 besonders gefährdeten Flüchtlinge aufnehmen, erklärt etwa das Hilfswerk der Evangelischen Kirche Schweiz Heks. Angesichts der dramatischen Lage in Afghanistan müsse die Schweiz dringend legale und sichere Fluchtwege schaffen. Dazu soll der Bund rasch und unbürokratisch humanitäre Visa erteilen und die Resettlement-Kontingente erhöhen. Zudem fordert Heks die Aufhebung der Einschränkungen beim Familiennachzug. Den in der Schweiz lebenden Afghanen soll ermöglicht werden, ihre Familienangehörigen aus der lebensbedrohlichen Situation in Sicherheit zu holen.
Keine Antwort der Botschaft
Die kirchlichen Hilfswerke Heks, mission21, Open Doors oder Christian Solidarity International sind von den Eroberungen der Taliban nicht direkt betroffen. Sie haben keine Mitarbeitenden in Afghanistan. Anders die «Afghanistanhilfe Schaffhausen».
Das private Schweizer Hilfswerk ist eines der grössten in der Region und leistet seit dreissig Jahren humanitäre Hilfe am Hindukusch.
Die Einnahme der afghanischen Hauptstadt Kabul durch die Taliban wird sich auf die Schaffhauser Afghanistanhilfe auswirken, ist Vereinspräsident Michael Kunz überzeugt. Er steht in engem Kontakt mit lokalen Partnern. «Auch unsere lokalen Partner haben grosse und begründete Angst. Wir haben die Schweizer Botschaft angefragt, ob die am stärksten bedrohten Mitarbeitenden unserer Partnerorganisationen ein humanitäres Visum erhalten. Unsere Anfrage wurde bislang nicht beantwortet. Unsere Hoffnung ist klein, dass unser Vorhaben erfolgreich sein wird.»
Die Angst der Frauen
Gegenüber den Schaffhauser Nachrichten berichtete Kunz von der grossen Angst der Frauen, die Freiheit zu verlieren, die sie in den letzten zwanzig Jahren errungen haben. «In Gebieten, in denen die Islamisten die Macht übernommen haben, verschwinden die Frauen aus der Öffentlichkeit. Sie dürfen nicht mehr an die Universitäten, einer Anstellung nachgehen oder ohne Begleitung eines Mannes in ein Taxi steigen, auch wenn die Taliban derzeit etwas anderes erzählen. Ich glaube, dass es die alten Gesetze sein werden, welche die Taliban nun wieder installieren werden.»
Zum Zeitpunkt des Interviews hatte die Machtübernahme noch keine direkten Konsequenzen für die Projekte der Afghanistanhilfe. «In den Gebieten, die gefallen sind, haben die Taliban unseren lokalen Partnern gesagt, sie sollen die Hilfe weiter so leisten wie bisher, und das machen wir.» Kunz hofft auf Akzeptanz der Taliban, damit die Versorgung der Bevölkerung im Provinzspital weitergehen kann. «Wir haben in diesem Spital schon verschiedene Ethnien behandelt, unter anderem auch Taliban-Kämpfer.» Im Paschtunen-Gebiet habe sich die Sicherheitslage sogar etwas verbessert, es sei mittlerweile wieder möglich, Medikamente von Kabul in die Provinz zu transportieren.
Schulen werden geschlossen
Michael Kunz erwartet im Gesundheitsbereich keine allzu grossen Veränderungen. Anders sieht er die Lage im Bildungssektor. «Die Bildung ist grundsätzlich der grösste Feind der Taliban. Wir werden sehen, ob wir weiterhin Schulhäuser bauen können. Grundsätzlich bauen wir die Schulhäuser betreiben sie aber nicht. Das liegt nun in der Hand der Taliban. Wir würden keine Schulen mehr bauen, wenn wir sehen, dass radikale und islamistische Inhalte vermittelt werden.»
Adriana Di Cesare, kirchenbote-online
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