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Archäologie

Ältestes christliches Zeugnis nördlich der Alpen gefunden

von epd/nin
min
12.12.2024
Die Geschichte des Christentums nördlich der Alpen muss nach einem archäologischen Fund neu geschrieben werden: Noch zur Zeit der Christenverfolgungen Mitte des 3. Jahrhunderts trug ein Frankfurter ein christliches Silberamulett um den Hals.

Die Stadt Frankfurt am Main hat den Grabfund eines Silberamuletts mit einer christlichen Glaubensinschrift aus der Mitte des 3. Jahrhunderts vorgestellt. Die in der Silberkapsel enthaltende Silberfolie präsentiere den ältesten authentischen christlichen Text nördlich der Alpen, sagte der Frankfurter Archäologe Markus Scholz. Die ältesten dort bisher bekannten christlichen Glaubenszeugnisse seien mindestens 50 Jahre jünger. Sichere Nachweise für  christliches Leben nördlich der Alpen stammten bisher erst aus dem vierten Jahrhundert, so die Nennung von Trierer Bischöfen von 313 und 314.

Die auf der Silberfolie eingravierte biblische Anrufung «heilig, heilig, heilig» sei bisher sogar erst auf 200 Jahre jüngeren Amuletten bezeugt gewesen, fügte Scholz an. «Die Frankfurter Silberinschrift ist ein Sensationsfund», sagte Oberbürgermeister Mike Josef (SPD). Durch den Fund in einem zwischen 230 und 270 nach Christus datierten Grab müsse man die Geschichte des Christentums in Frankfurt und weit darüber hinaus um 50 bis 100 Jahre zurückdrehen.

Als Schutzamulett getragen

Die 35 Millimeter lange und neun Millimeter hohe Silberkapsel war 2018 in einem Grab in der römischen Vorgängerstadt von Frankfurt, Nida, im heutigen Stadtteil Frankfurt-Praunheim gefunden worden. Die Kapsel lag unter dem Kinn eines Skeletts. Der 35 bis 45 Jahre alte Mann hatte es nach den Worten von Scholz wohl wie ein Schutzamulett an einem Band um den Hals getragen. In der Kapsel befand sich eine 91 Millimeter lange Silberfolie, die gerollt, gefaltet und geknickt war. Die Inschrift konnte erst in diesem Jahr nach einer computertomografischen Untersuchung aufgrund des daraus erstellten 3-D-Modells entziffert werden.

Im Archäologischen Museum wurde der Fund aufbereitet und restauriert. Schon bald wurde klar: Das Silberamulett ist nicht leer, sondern enthält eine Inschrift. | Foto: epd/Leibniz-Zentrum für Archäologie

Im Archäologischen Museum wurde der Fund aufbereitet und restauriert. Schon bald wurde klar: Das Silberamulett ist nicht leer, sondern enthält eine Inschrift. | Foto: epd/Leibniz-Zentrum für Archäologie

 

Die Entzifferung der gekritzelten lateinischen Inschrift sei ein Puzzle gewesen, erläuterte Markus Scholz. Den Erfolg habe die Zusammenarbeit von Archäologen, Historikern und Theologen gebracht. Die Inschrift beginnt mit den Worten: «Im Namen des Heiligen Titus. Heilig, heilig, heilig! Im Namen Jesu Christi, Gottes Sohn.» Die Sätze verehren Jesus Christus als Herrn der Welt und zitieren einen Hymnus im biblischen Philipperbrief (2,10–11).

Einmalig aus dieser Zeit sei, dass der Text nur lateinisch und nicht griechisch sowie rein christlich und nicht polytheistisch geschrieben sei, erklärte Scholz. Rechts des Rheins gebe es nur ein weiteres Beispiel eines ähnlichen Schutzamuletts um den Hals, und zwar aus einem Kindergrab im südbadischen Badenweiler. In jener Inschrift würden aber mehrere Götter angerufen, neben dem christlich-jüdischen Gott etwa auch ein germanischer Quellgott. Einzelne Formulierungen, wie die Nennung des Heiligen Titus oder der Ruf des dreimaligen «heilig» (Jes. 6,3 und Offb. 4,8) in der Liturgie, seien bisher erst aus dem 4. Jahrhundert bekannt gewesen.

 

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