Anlaufstelle für Menschen in Not
Das Besprechungszimmer für die Paar- und Einzelberatungen im ersten Stock an der Frauengasse 28 in Schaffhausen ist hell und freundlich. An der Wand hängen Bilder mit gemalten Gesichtern in vielen Farben. Die Bilder sind so unterschiedlich, wie die Menschen, die den Weg zur Beratungsstelle finden. Menschen zwischen 17 und 80 Jahren, die sich in einer schwierigen Lebenssituation befinden. Kürzlich hat die Beratungsstelle ihr 20-jähriges Bestehen gefeiert. Verändert habe sich seit den Anfängen vor allem, wie die Menschen auf die Stelle stossen, sagt Stellenleiterin Cornelia-Egli-Angele. «Anfragen gehen heute oft zuerst anonym über unsere Website ein.» Beratungen per E-Mail hätten die telefonischen Beratungen weitgehend abgelöst. Jährlich kontaktieren rund 150 Paare und Einzelpersonen die Beratungsstelle. Das Beratungsangebot richtet sich an alle Menschen, die sich in einer Lebenskrise befinden und nicht mehr weiterwissen. Häufige Themen seien unerfüllter Paar- oder Kinderwunsch, Probleme am Arbeitsplatz, Trennungskrisen, Scheidungskonflikte. Bei jungen Erwachsenen sei der Einstieg ins Berufsleben oft schwierig oder der Ablösungsprozess vom Elternhaus. Ein separater Bereich ist die Schwangerschaftsberatung. «Hier kommen oft Paare oder Frauen, die ungewollt schwanger geworden sind und nicht wissen, ob sie die Elternschaft tragen können», sagt die Fachstellenleiterin. Anders als vor 20 Jahren seien die Männer heute sehr oft dabei.
Unabhängig von Religion
Finanziert wird die Beratungsstelle zu einem grossen Teil von der evangelisch- reformierten Landeskirche, der römisch-katholischen Landeskirche und der christkatholische Landeskirche, die im Vorstand des Trägervereins vertreten sind. Präsidiert wird der Verein durch Kirchenrätin Sabine Dubach. Der Grundsatz der drei Landeskirchen laute: «Offenheit für alle.» «Wir beraten Menschen ungeachtet ihrer religiösen Zugehörigkeit oder Fragestellung», sagt Cornelia Egli-Angele. Das Thema Schwangerschaftsabbruch beinhaltet zwar ein gewisses Spannungsfeld. Für jede Landeskirche gelten andere Kriterien, um einen Schwangerschaftsabbruch bejahen zu können. Religiöse Kriterien würden sich aber in den Beratungen nicht niederschlagen. «Der Fokus der Landeskirchen liegt auf professionellen Beratungen», sagt Egli-Angele. Die Beraterinnen arbeiten mit verschiedenen Methoden. «Bei Ambivalenz in der Schwangerschaft dienen zwei Stühle», sagt die Stellenleiterin. Einer stehe für das Weiterführen der Schwangerschaft, einer für den Schwangerschaftsabbruch. Die betroffene Frau nehme abwechselnd auf einem der Stühle Platz. «Auf jedem Stuhl fragen wir, wie sich ein Ja oder Nein auf die verschiedenen Lebensbereiche auswirken würde», erklärt Cornelia Egli-Angele. Am Ende kristallisiere sich fast immer eine Tendenz heraus. Eine andere Methode sei das Familienbrett. Auf einer Fläche werden Figuren aufgestellt, die für Personen und/oder Lebensthemen stehen. «Das Brett ermöglicht eine weniger emotionale Betrachtungsweise », sagt Egli-Angele.
Stellen zusammengeführt
Die Beratungsstelle basiert auf dem Verein für Partnerschafts-, Lebensund Schwangerschaftsberatung, der vor 20 Jahren gegründet wurde. Treibende Kraft bei der Vereinsgründung war die damalige Kirchenrätin und spätere Kirchenratspräsidentin Silvia Pfeiffer. «Bis zum Jahr 1996 wurden die Beratungsstellen für Ehe und Partnerschaft sowie die Beratungsstelle für Schwangerschaft unabhängig voneinander geführt», erzählt sie. 1988 habe der Bund die Kantone infolge des neuen Ehe- und Erbrechts dazu verpflichtet, eine Ehe- und Familienberatungsstelle zu schaffen oder eine bestehende anzuerkennen. «Den Zuschlag bekam die Ehe-, Partnerschafts-, und Lebensberatungsstelle », sagt Silvia Pfeiffer. 1995 habe die engere Zusammenarbeit mit der Beratungsstelle für Schwangerschaft begonnen und ab 1996 hätten beide Stellen in den heutigen Verein gehört.
www.partnerschaft-schwangerschaft-sh.ch
Adriana Schneider
Anlaufstelle für Menschen in Not