Auf den Spuren der Wiedertäufer
Wer das Museum Schleitheimertal besucht, kann es mit eigenen Augen lesen. Das «Schleitheimer Bekenntnis», das die Glaubensregeln der WiedertĂ€ufer in sieben Artikeln zusammenfasst. Verfasst in einem geheimen Treffen der TĂ€uferfĂŒhrer unter der Leitung des Mönchs Michael Sattler im Jahr 1527 in Schleitheim. Das Dokument gilt als GrĂŒndungsurkunde der protestantischen Freikirchen. Noch heute berufen sich weltweit die Nachfolger der TĂ€ufer, die Mennoniten und Amischen, auf das Schleitheimer Bekenntnis. Der Originaldruck aus dem Jahr 1550 ist der Mittelpunkt der Ausstellung «TĂ€uferzimmer» im Museum Schleitheimertal und fĂŒhrt jĂ€hrlich viele Besucherinnen und Besucher aus aller Welt in die Gemeinde im Kanton Schaffhausen.
Die Spuren der TÀuferbewegung sind jedoch nicht nur in Schleitheim zu finden. Im Ran-dengebiet existieren zahlreiche Stellen, Objekte und Aktenhinweise auf AktivitÀten der TÀufer. Eine lokale Arbeitsgruppe arbeitet nun mit verschiedenen Projektpartnern daran, diese Wege und StÀtten zu dokumentieren, aufzuwerten und zu pflegen, um sie der Bevölkerung zugÀnglich zu machen.
Erich Hammer von der Naturforschenden Gesellschaft und Mitglied der Arbeitsgruppe stiess vor 45 Jahren auf die TĂ€ufer, als er sich in Merishausen niederliess. «Meine Adresse lautete TĂ€uferweg, das fand ich spannend», erzĂ€hlt er. Als ihm im Umfeld von Merishausen Flurnamen wie «TĂ€uferwegli», «Heidenwis», «Bettlerhalde» und «TĂŒfelschuchi» begegneten, fing er an zu forschen. Und entdeckte die bewegte Geschichte der TĂ€uferbewegung im Randengebiet.
2000 TĂ€ufer vertrieben
Das Schweizer TĂ€ufertum entstand um 1520 im Zug der Reformation. Im Umfeld des ZĂŒrcher Reformators Huldrych Zwingli machte sich Unmut breit ĂŒber den langsamen und zu wenig konsequenten Fortschritt der Reformation. Eines der kontroversen Themen war die Erwachsenentaufe. Nachdem deren AnhĂ€nger immer zahlreicher wurden, beschritt man schliesslich den Weg der Gewalt, um die Bewegung zu sprengen.
Ăber Jahrzehnte wurden zwischen 1000 und 2000 TĂ€ufer aus Ober- und Unterhallau, Schleitheim, Merishausen, Löhningen und Neuhausen durch Bussen, Verhaftungen, Absprache der BĂŒrgerrechte und Wegnahme der Kinder vertrieben. In Merishausen verlor sogar der reformierte Pfarrer Amt und WĂŒrde, weil er zu den TĂ€ufern hielt. Manche wanderten nach der Pfalz oder nach MĂ€hren aus. In Schleitheim verlor sich die TĂ€uferbewegung erst nach der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts.
Vom Unrecht an diesen Menschen zeugt ein Gedenkstein aus Granit beim TĂ€uferstieg bei Hemmental. Der von der Thaynger Pfarrerin Sabine Aschmann initiierte Gedenkstein steht fĂŒr Verbundenheit und Versöhnung unter den Christen. «Sich untereinander auszusöhnen, ist wichtig, sonst ziehen sich die GrĂ€ben weiter, auch wenn ein Unrecht 500 Jahre zurĂŒckliegt», sagt die Pfarrerin.
Wanderweg zur TĂ€uferquelle
Auch das Projekt «WiedertĂ€ufer im Randengebiet» hat das Ziel, das Schicksal der TĂ€ufer aufzuzeigen. «Die Geschichte der TĂ€ufer ist inmitten unserer Natur zu entdecken», so Erich Hammer. So gibt es zwischen Schleitheim und Merishausen Fusssteige, die den TĂ€ufern fĂŒr geheime Treffen und Besuchen auf der Flucht dienten. Und im Merishauser Dostental liegt gleich an einem Rundwanderweg die Taufquelle der WiedertĂ€ufer. Das Projekt sieht in einem ersten Schritt vor, die TĂ€uferquelle im Drostental Merishausen aufzuwerten und zu gestalten. Ebenfalls das ehemalige Siedlungsgebiet ChĂ€len in Schleitheim und die TĂ€uferrouten Schleitheim-Merishausen-Hemmental. An diesen Orten werden kĂŒnftig Informationstafeln von der TĂ€uferbewegung erzĂ€hlen.
Adriana Schneider
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