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Ausrücken wenn’s brennt

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30.08.2018
Die Pfarrpersonen Matthias Eichrodt vom St. Johann-Münster und Joachim Finger von Beringen haben nicht nur 25 Dienstjahre gemeinsam, ­sondern auch ihr Herzblut für das Pfarramt.

Was fĂĽhrte Sie nach Schaffhausen?
Joachim Finger: Ich kam als 14-Jähriger 1970 nach Schaffhausen, weil mein Vater als Deutscher in einem Schaffhauser Industriebetrieb arbeitete. 
Matthias Eichrodt: Dann kamen wir im selben Jahr hierher, nur war ich zwei Jahre jĂĽnger. Ich zog vom Glarnerland nach Schaffhausen, als mein Vater Pfarrer an der Steigkirche wurde. Meine Eltern sind Basler, aber auch ich habe einen deutschen Migrationshintergrund. Mein Grossvater hat sich in Basel eingekauft.

Wie kam es zu Ihren Pfarrämtern in Schaffhausen?
JF: Ich wohnte bis auf Auslandsreisen immer hier, war aber an der Universität Zürich tätig und promovierte in Religionsethnologie. Als ich nach einem weiteren Studium ins Pfarramt wechselte, wollte meine Frau hierbleiben. Mich überzeugte im Vergleich mit anderen Kirchen die überschaubare Grösse. Es gibt kurze Wege und schlanke Strukturen. Man kennt sich hier.
ME: Ich war im Thurgau im Pfarramt und erhielt eine Berufung ans Münster. Ich zögerte, aber meiner Frau kam es sehr entgegen, in die Nähe ihrer Familie zurückzukehren. Ihr war sofort klar, dass wir hierherziehen sollten. Für mich war die schöne Kirche schliesslich entscheidend. 

Wo setzen Sie Ihre Schwerpunkte im Pfarramt?
JF: Die Familienarbeit interessiert mich. Du erlebst die Beerdigung der Grosseltern, hast die Kinder im Unterricht, sie heiraten, bringen ihre Kinder wieder zur Taufe, die du später ebenfalls im Unterricht hast. Du wächst so mit vielen Familien mit. Ich geniesse es, Teil des Dorfes zu sein und miteinander älter zu werden. Ich half den kirchlichen Unterricht aufzubauen. Heute bin ich froh, dass mein jüngerer Kollege den Aufbau der Jugendarbeit übernimmt. Seit meinem ersten Studienurlaub 2004 biete ich eine Bibelwerkstatt zum Alten Testament an, die noch immer besteht. Da kann ich den Leuten weitergeben, worüber ich forsche, und sie haben Freude daran. Seit Neuem verlege ich meinen Arbeitsplatz einmal im Monat zur Kaffeezeit ins Altersheim und biete mit dem Hinweisschild «Der Pfarrer lässt sich gerne stören» Seelsorge an.
ME: Mir half es beim Start sehr, dass ich bereits viele Leute kannte. So konnte ich dank dem Netzwerk der früheren Jugendgruppe innert weniger Wochen einen Trägerkreis für unseren Chor aufbauen. Die Münsterkirche bietet Raum für viele Formen von Gottesdiensten. Ich finde, wir sind es dem Münster schuldig, diesen Raum auch Leuten zugänglich zu machen, die mit Kirche weniger vertraut sind.
So gehörten wir zu den ersten, die 2001 die Thomasmesse einführten. Die Nacht der Lichter ist ebenso alt, ebenfalls die Feier am Ostermorgen und die Meditationsnacht. Dann gestalten wir bei besonderen Anlässen auch Gottesdienste im Freien. 1995 beispielsweise bei der Einweihung der Schrägseilbrücke oder bei Stadtfesten in der Rhybadi.

Lassen sich Ihre Leistungen im Pfarramt irgendwie messen?
ME: Ich habe verschiedene Stundenerfassungen mitgemacht. Dabei kam heraus, dass ich zu viel arbeite. Das lässt sich nicht ändern. Ich bin für meine Aufgaben zuständig und versuche sie abzudecken.
JF: Das trifft auch bei mir zu. Bei der Notfallseelsorge rücke ich auch nachts aus, genau wie die Feuerwehr – ob es seelisch brennt oder anderswo. Das sehe ich als meinen Auftrag und die Leute schätzen mein Engagement.

Weshalb blieben Sie Ihren Pfarrstellen 25 Jahre lang treu?
ME:
Ich hatte hier immer genügend Herausforderungen. Meine Kirchgemeinde hatte sich auch schon vor der Fusion mit der Gemeinde St. Johann stark verändert, nicht zuletzt durch die starke Migration.
JF: FĂĽr mich stimmte das Team, ich hatte nie das BedĂĽrfnis zu gehen. Meinungsverschiedenheiten konnten wir austragen. Wir pflegen eine Anerkennungskultur gegenĂĽber den Mitarbeitenden und Freiwilligen.

Wie sieht die Zukunft an Ihren Pfarrstellen aus?
JF:
Mit der Reduzierung der Pfarrstellen werden die gegenseitigen Stellvertretungen immer schwieriger. Beringen hatte bis jetzt zwar noch keine Reduktion, aber es gibt mir zu denken, wenn es in den umliegenden Dörfern keine Pfarrpersonen mehr hat.
ME: Ich frage mich auch, ob es nach mir aufgrund der sich stets verändernden Strukturen keinen Pfarrer mehr in der Schaffhauser Altstadt geben wird.

Worauf sind Sie besonders stolz?
JF: Man sagt mir, dass ich gut beerdige. Ich versuche in meiner Lebensbetrachtung jeweils Motive herauszuschälen, die einen Menschen geprägt und begleitet haben. Ich erzähle auch, wie jemand aufgewachsen ist, vom ländlichen Leben damals, wie ich es noch selbst als Kind erlebt habe, oder was ich von historischen Fotografien und aus der Ortsgeschichte weiss. So kann ich die verstorbene Person lebensnah nachzeichnen, was sehr geschätzt wird.
ME: Auch ich bekomme oft Komplimente und finde es wichtig, bei Beerdigungen einen guten Job zu machen. Denn da kommen Leute in die Kirche, die sonst selten kommen. Ebenso bei Hochzeiten, Konfirmationen oder am Heiligen Abend. Wenn es gelingt, diese Menschen anzusprechen, sind das Erfolgsgeschichten.

29.08.2018 / Doris Brodbeck, Adriana Schneider

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