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Boot-Schafterinnen zum 50-Jahr Jubiläum

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27.12.2019
Die höchsten Kirchenverantwortlichen im Kanton Luzern verstehen sich. Die Katholikin Renata Asal-Steger und die Reformierte Ursula Stämmer-Horst über die geplanten gemeinsamen Feierlichkeiten 2020, die Suche nach Gemeinsamkeiten und ihre frühen Erlebnisse mit den «anderen».

Die katholische und reformierte Kirche des Kantons Luzern feiern 2020 ihr 50-jähriges Bestehen als Landeskirche. Was ist an dieser Errungenschaft heute noch wichtig?
Stämmer: Wir feiern die Anerkennung der katholischen und evangelischen Kirche als Landeskirchen. Die christkatholische Kirche wurde schon viel früher anerkannt, als sie im Kanton Luzern Fuss fasste, sie feiert aber auch mit uns. Diese Errungenschaft ist bedeutsam, da es in Luzern lediglich drei Kirchen gibt, die als Landeskirchen anerkannt sind. Die Anerkennung bringt unter anderem mit sich, dass wir Steuern einziehen dürfen und der Kanton unsere Verfassung anerkennt.

Asal-Steger: Für die katholische Landeskirche gibt es noch einen weiteren Punkt hervorzuheben. Wir haben eine duale Struktur und damit zwei Führungslinien, die pastorale und die staatskirchenrechtliche. Die Anerkennung als Landeskirche bedeutet für uns, dass wir gemeinsam Verantwortung übernehmen, also auch wir als Laien, auf der behördlichen Seite, in diese Verantwortung eingebunden sind. 

Was möchten Sie mit dem Bild «gemeinsam in einem Boot» zum Ausdruck bringen?
Stämmer: Wir suchten lange nach einem Symbol, das bei allen Beteiligten ankommt. Es gab verschiedene Ideen, über die wir uneins waren. Wir einigten uns auf den gemeinsamen Slogan «Kirche kommt an». Dieser Slogan brachte uns zu einem Boot, das als Logo wunderbar dazu passt. Im Laufe des nächsten Jahres verwenden wir ein richtiges Ruderboot, das an vielen Veranstaltungen eingesetzt wird, begleitet von «Boot-Schafterinnen», «Boot-Schaftern» und deren Geschichten. 

Asal: Das Boot ist ein urchristliches Symbol, das sich im Alten und Neuen Testament wiederfindet. Wir haben uns für ein Ruderboot entschieden, weil es nicht nur Schutz bietet und ein Verkehrsmittel ist, sondern bei dem auch die eigenen Kräfte eingesetzt werden müssen, um vorwärts zu kommen. Man kann sich zudem die Frage stellen, wohin die Reise geht und ob unterwegs Stürme auftreten könnten. Wir benutzen ein gebrauchtes Boot, das wir restauriert haben. Auch das ist ein Symbol für unsere Kirche, die immer wieder erneuert werden muss, die auch Makel und Risse hat.

Welche Feierlichkeiten sind geplant, mit welchem Ziel?
Stämmer: Wir möchten zum einen Menschen über unsere Mitglieder hinaus erreichen. Zum anderen ist es ein Prozess der Annäherung und eine Auseinandersetzung unserer zwei Kirchen. Wir haben den gleichen Auftrag, die Nachfolge Jesus Christi. Es geht um die Einheit der Christen. Nur wenn wir näher zusammenrücken, geht dieser Prozess weiter.

Asal: Im Frühling veranstalten wir die Synode am selben Tag, es gibt ein gemeinsames Mitarbeiterfest, wir beteiligen uns erstmals an der «Langen Nacht der Kirchen» und zwar gleich mit mehr als 100 Pfarreien, Kirchgemeinden und Organisationen. Am Buss- und Bettag im September laden wir gemeinsam mit dem Kanton zu einer öffentlichen Feier in Willisau ein.

Versuchen Sie die Gemeinsamkeiten oder die Gegensätze zwischen den zwei Landeskirchen hervorzuheben?
Stämmer: Wir sind eine Familie. Auch wenn wir Reformierten finanziell und personell nicht so gut aufgestellt sind, wie die Katholiken. Wir könnten viele Projekte nicht umsetzen, wenn wir nicht mit der katholischen Kirche zusammenarbeiten würden, wie im Falle der Gassenküche, bei der Notfall- oder Hochschulseelsorge oder dem Hospiz in Littau. Die Zusammenarbeit mit den Katholiken gibt uns die Chance, dass wir Wirkung erzielen können.

Asal: Es ist wichtig, dass wir die Kräfte bündeln. Wir arbeiten nicht gegeneinander, sondern miteinander. Wir haben die gleiche Botschaft, das Evangelium. Ein Gegeneinander würde dieser Botschaft widersprechen. Wir haben gemeinsame Kommissionen, regelmässige Kontakttreffen, sind gemeinsam Trägerinnen von Institutionen. Und auch vor Ort funktioniert die ökumenische Zusammenarbeit sehr gut. Nur mit vereinten Kräften kann man etwas bewirken. 

Es heisst, die Ökumene im Kanton Luzern sei einzigartig in der Schweiz. Ist sie das?
Stämmer: Im Kanton Luzern gibt es eine lange Tradition der Ökumene. Sie funktioniert bis weit ins Entlebuch hinein. Sie ist akzeptiert und erwünscht von allen.

Asal: Ich glaube man kann durchaus sagen, dass wir im Kanton Luzern ökumenisch beispielhaft unterwegs sind.

Was sind Ihre frühen, ganz persönlichen Erlebnisse mit «den anderen»?
Stämmer: Ich bin in einem ökumenisch geprägten Haus aufgewachsen. Als wir Kinder haben wir uns gegenseitig angestachelt. Wir haben uns spasseshalber Übernamen nachgerufen, wir Protestanten waren die «Brotwürst». Wir wollten immer beichten gehen, wurden in der Kirche und nicht wie die anderen im Schulhaus unterrichtet.

Asal: Ich bin sehr ländlich in einem katholischen Dorf aufgewachsen. Dort gab es fast nur Katholikinnen und Katholiken. Eine einzige Schulkollegin war reformiert. Das Miteinander von Reformierten und Katholiken erlebte und erlebe ich immer als sehr respektvoll. 

Ist die Erwartungshaltung gegenüber der kirchlichen Arbeit gestiegen?
Stämmer: Nicht nur die Erwartungshaltung der Gläubigen ist gestiegen, vielmehr auch jene des Staates. In der Asylarbeit etwa, die der Kanton Luzern übernommen hat, muss sich die Kirche vermehrt abgrenzen. Wir wollen helfen, können aber aus finanziellen und Ressourcen-Gründen nur subsidiär tätig werden.

Asal: Von den Kirchen wird heute vor allem glaubwürdiges Handeln erwartet. Sie sollen da sein für die Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Und sie sollen sich für die Bewahrung der Schöpfung engagieren. Auch vernehme ich immer wieder, die Kirchen sollen ihre Stimme erheben bei sozialpolitischen und ökologischen Themen. Ich meine auch, hier sollten wir mutiger sein. 

Wie stehen Sie zur Stellung der Frau in der katholischen Kirche?
Stämmer: Ich bin sehr froh, in eine protestantische Familie geboren worden zu sein. Und verstehen Sie das bitte nicht falsch. Ich ärgere mich einfach darüber, dass es so viele engagierte Frauen bei den Katholiken gibt, deren Potential nicht genutzt wird. Gleichzeitig muss man relativieren. Es hat auch bei uns Protestanten sehr lange gedauert, bis erstmals eine Frau als Pfarrerin anerkannt wurde.

Asal: Die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen in der katholischen Kirche schmerzt mich. Es ist stossend, dass die katholische Kirche sich nach aussen für die gleiche Würde von Frau und Mann einsetzt, diese aber nach innen nicht verwirklicht. Gleichzeitig spüre ich, dass die katholische Kirche meine religiöse Heimat ist. Deshalb setze ich mich in unserer Kirche beherzt und beharrlich ein, dass sich in der Frauenfrage etwas verändert. Ich weiss, dass mit diesem Anliegen bereits viele andere, auch zahlreiche Männer, schon länger unterwegs sind. Und ich weiss auch und kann verstehen, dass viele resigniert haben und müde geworden sind. 

Wie sieht die Zukunft der Landeskirchen aus?
Stämmer: Wir werden weniger Mitglieder zählen, kleiner sein und daher mehr zusammenarbeiten müssen. Die Zukunft der Kirche liegt für mich klar in der Seelsorge. Die Kirche muss Möglichkeiten bieten für Begegnungen. Der Dialog mit den Menschen ist wichtig. Ich werde häufig von Menschen auf meine Tätigkeit in der Kirche angesprochen und ich nehme diese Chance immer gerne wahr.

Asal: Eine Herausforderung heute ist die geringere Verbundenheit der Menschen mit der Kirche. Die Kirche muss hörbar, spürbar, sichtbar werden. Sie muss an den Brennpunkten des Lebens präsent sein, sich mit dem auseinandersetzen, was die Menschen beschäftigt. Wir müssen raus gehen, die Menschen müssen uns spüren. Die Kirchen sind heute nach wie vor wichtig, gerade auch für den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt.

Carmen Schirm-Gasser, kirchenbote-online, 12. Dezember 2019

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