Baselland, Basel-Stadt, Luzern, Schaffhausen, Schwyz, Solothurn, Uri, Zug

Büchertipps: Sommerzeit ist Lesezeit

min
24.06.2020
Egal ob auf einem heimischen Balkon oder am Strand des Mittelmeers, es lohnt sich, ein Buch aufzuschlagen. Die Kirchenbote-Redaktion hat sich in den Buchhandlungen umgesehen.

Von Seuchen und Auswanderung
In diesen Zeiten bekommen auch die Seuchen der Vergangenheit neue Aktualität. Der Schweizer Schriftsteller Jürg Federspiel bearbeitete 1982 in seinem Roman «Die Ballade von der Typhoid Mary» die Geschichte der Mary Mallon, die als Typhoid Mary bekannt wurde. Die junge Frau wanderte 1883 von Nordirland nach New York aus. Dort arbeitete sie in verschiedenen Haushalten des Grossbürgertums als Köchin und steckte viele Menschen mit Typhus an. Mary trug die Bakterien in sich, erkrankte aber selber nicht. Heute würde man sie als «Superspreader» bezeichnen. Federspiel schmückt die Geschichte frei aus und schildert mit viel schwarzem Humor das elende Leben der Emigranten und das ausschweifende Grossbürgertum. Linard Bardill schrieb zu Federspiels Roman ein Theaterstück.
Karin Müller
Jürg Federspiel: «Die Ballade von der Typhoid Mary», Suhrkamp Verlag

Ein Leben an der Elfenbeinküste
Lotti Latrous lebte zusammen mit ihrer Familie in der Elfenbeinküste, als das Aids-Virus in aller Welt, vor allem aber in Schwarzafrika Millionen von Toten forderte. Zusammen mit ihrem Mann eröffnete sie in einem Slum der Wirtschaftsmetropole Abidjan ein Ambulatorium, um den Ärmsten zu helfen. Später kamen ein Hospiz und ein Waisenhaus dazu. Latrous’ Familie zog nach Kairo, während sie in Abidjan blieb. Sie erzählt vom schlechten Gewissen, das sie fortan begleitete, und dass sie es als grosses Geschenk empfindet, dass die Familie heute noch intakt ist. Und sie schildert, wie sie nach einer persönlichen Krise den Weg zurück ins Leben und in ihr Hilfswerk fand.
Karin Müller
Lotti Latrous: «Was war. Was ist. Was zählt – mein etwas verrücktes Leben», Wörterseh Verlag

Kurze Geschichte der Menschheit
Der israelische Geschichtsprofessor Yuval Noah Harari zeichnet die Geschichte des Menschen nach und zeigt alle grossen, aber auch alle ambivalenten Momente. Er beschreibt die Entwicklung der Menschheit von ihren Anfängen bis zum heutigen «Beherrscher der Erde». Mit Kenntnissen aus verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen geht der Autor grossen Fragen nach. Ist der Mensch die Krone der Schöpfung oder der Schrecken des Ökosystems? Was hat uns zu dem gemacht, was wir sind? Was sind wir morgen?
Carmen Schirm-Gasser
Yuval Noah Harari: «Eine kurze Geschichte der Menschheit», Verlag Pantheon

Weisheitslehren auf dem Prüfstand
In Geschichten und Anekdoten gelingt es dem Psychotherapeuten Jorge Bucay den Sinn des Lebens zu hinterfragen. Er untersucht die grossen Weisheitslehren der Menschheit und zeigt unsere kulturellen Prägungen auf. Alte Überzeugungen und Gewohnheiten empfiehlt er auf den Prüfstand zu stellen und im Notfall über Bord zu werfen.
Carmen Schirm-Gasser
Jorge Bucay: «Das Buch der Weisheit»,Fischer Taschenbücher

Hoffnungsbuch vom Mann mit den Bäumen
Es ist ein Klassiker der französischen Literatur: Jean Gionos Buch über einen Mann, der kurz nach dem Ersten Weltkrieg in der Einöde der Provence Bäume pflanzt und dadurch die Natur nachhaltig verändert. Viele glaubten lange, der Schäfer Elzéard Bouffier sei eine reale Figur. Quint Buchholz hat die Geschichte neu illustriert und verleiht ihr ein Stück Aktualität. Ein Hoffnungsbuch, das berührt.
Tilmann Zuber
Jean Giono: «Der Mann, der Bäume pflanzte», Illustration: Quint Buchholz, Hanser C-Verlag

Der Anwalt des Apostel Paulus
Paulus steht in Rom vor Gericht. Ein Anwalt soll seine Verteidigung übernehmen. Doch in der Tiberstadt, in der die verschiedenen Philosophien und Religionen um den richtigen Weg kämpfen, ist dies schwierig. Der Neutestamentler Gerd Theissen führt in seinem Roman durch die plurale Welt der Antike, in der sich das junge Christentum bewähren muss.
Tilmann Zuber
Gerd Theissen: «Der Anwalt der Paulus», Gütersloher Verlaghaus

Das letzte Weihnachtsfest
Jonathan Franzens Roman ist ein Buch, das einen nicht mehr loslässt. Es porträtiert die Familie Lambert, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in der fiktiven Stadt St. Jude im Mittleren Westen der USA lebt. Der Plot wird getragen von Enid Lamberts Bemühungen, angesichts des rapiden Verfalls ihres Manns die drei erwachsenen Kinder Denise, Gary und Chip zum letzten gemeinsamen Weihnachtsfest im elterlichen Hause zu versammeln. Gnadenlos ehrlich und spannend.
Toni Schürmann
Jonathan Franzen: «Die Korrekturen», Rowohlt Taschenbuch

James Baldwin: immer noch hoch aktuell
An seinem 14. Geburtstag verändert sich das Leben des jungen Schwarzen John Grimes für immer. Die Familie ist sehr gläubig, sein Stiefvater Gabriel ist Prediger in einer kleinen Gemeinde mitten in Harlem. Während eines Gottesdienstes, an dessen Ende John ein Erweckungserlebnis hat, blicken seine Tante, sein Stiefvater und seine Mutter auf ihr Leben zurück. Von grosser Wucht und Schönheit. Passt in den aktuellen Diskurs «Black Lives Matter».
Toni Schürmann
James Baldwin: «Von dieser Welt», DTV

Unsere Empfehlungen

Wie das Christentum zu den Ostereiern kam (1)

Wie das Christentum zu den Ostereiern kam (1)

Ostern ist der höchste Feiertag für die Christenheit. An diesem Tag feiern die Gläubigen die Auferstehung des Herrn. Doch wer in diesen Tagen die Läden betritt, stellt rasch fest: Der eigentliche Star heisst Meister Lampe. Wie kommt das Christentum zu den Eiern und den Hasen?
51 Jahre für die Musik

51 Jahre für die Musik

Als 15-Jährige spielte Elisabeth Schenk erstmals in einem Gottesdienst. Der Winznauer Pfarrer hatte sie angefragt. Aus diesem Auftritt wurden 51 Jahre, in denen Schenk die Kirch­gemeinde musikalisch begleitete.
Mani Matter: Die Menschen haben Gott vergessen

Mani Matter: Die Menschen haben Gott vergessen

50 Jahre nach Mani Matters Tod zeigen neue Dokumente: Der Chansonnier war auch ein Gottsucher und plante gar eine «Verteidigung des Christentums». Der Revoluzzer und gedankliche Querschläger war zwar ein Kritiker der Kirche, setzte sich aber für die Bewahrung des christlichen Fundaments ein.