Bund soll Hilfsorganisationen genauer beobachten
Am 13. Juni hat der Ständerat ohne Gegenstimme eine Motion an den Nationalrat zurückgewiesen – nachdem er die Originalversion stark zusammengestrichen hatte: Mit Bundesbeiträgen sollen keine Nichtregierungsorganisationen (NGO) unterstützt werden, die in rassistische, antisemitische und hetzerische Aktionen verwickelt sind, heisst es nun.
Die ursprüngliche Version hatte der Nationalrat bereits am 8. März mit 111 zu 78 Stimmen klar gutgeheissen. Der Entscheid erstaunte weite Kreise, auch ausserhalb von NGO. Und selbst zustimmenden Nationalrätinnen und Nationalräten war danach nicht mehr ganz wohl. Die freisinnige Doris Fiala beispielsweise wird in der Wochenzeitung WOZ vom 8. Juni zitiert: «Ich habe nicht sofort gemerkt, wie viel Zündstoff die Motion birgt.»
«Katastrophale» Punkte gestrichen
Zwei Anliegen waren es, die der Ständerat aus dem ursprünglichen Wortlaut des Vorstosses von SVP-Parlamentarier Christian Imark (SO) strich: dass Bundesgelder für NGO nicht mehr gesprochen werden dürften, wenn diese in Kampagnen mit Boykott, Kapitalabzug und Sanktionen (BDS) verwickelt sind und wenn ihr Engagement «von rivalisierenden Gruppierungen oder souveränen Staaten» als Provokation aufgefasst werden kann.
Insbesondere der letzte Punkt wäre für NGO «katastrophal» gewesen, sagt Eva Schmassmann von der Dachorganisation Alliance Sud: «Schweizer Entwicklungshilfe unterstützt in den meisten Fällen zivilgesellschaftliche Akteure. Und diese sind häufig in Projekte involviert, die Regierungen nicht gefallen.» Auch in der Schweizer Aussenpolitik und Friedensförderung hätte es gemäss Schmassmann wichtigen Spielraum vernichtet.
Eigentlich überflüssig?
Mit der jetzt verabschiedeten und an den Nationalrat zurückgeschickten Version könne die Alliance Sud gut leben, findet Eva Schmassmann. «Eigentlich ist sie aber überflüssig: Dieser Rahmen ist bereits gesetzlich vorgegeben.» Man fasse es einfach als Bestätigung auf, dass genau beobachtet werde, was die Hilfswerke mit Bundesgeldern machen. Und diese Beiträge sind wichtig: Gemäss Schmassmann machen sie je nach Organisation ein Drittel bis die Hälfte der Projekt- und Programmkosten aus.
Oder noch Fleisch am Knochen?
Der Motionär Christian Imark ist nicht einverstanden mit der Aussage, sein Anliegen sei überflüssig. Die Beschneidung seines Vorstosses könne er nachvollziehen, sagt er auf Anfrage. Doch dass die Motion in der aktuellen Fassung auch vom Ständerat angenommen wurde, sieht er als klares Zeichen an: «Da ist noch Fleisch am Knochen. Die Streichung von öffentlichen Beiträgen bei Verwicklungen in rassistische, antisemitische oder hetzerische Aktionen wird noch nicht konsequent gemacht – warum hätte sonst auch der Ständerat zugestimmt?»
In seiner Begründung für die ursprüngliche Motion nannte Imark diverse NGO, die direkt oder indirekt «mit zig Millionen Schweizerfranken» finanziert würden: Badil, Addameer, Al-Haq, Al Mezan, Breaking the Silence, Gaza Community Mental Health Programme, Adalah, Zochrot und Israel Social TV. Organisationen, die unter anderem Sanktionen gegen Israel forderten, Anti-Israel-Hetze, juristische Kriegführung und Rassismuskampagnen betrieben, zur Zerstörung des Staates Israel aufriefen oder sogar direkte Verbindungen zu Terrororganisationen hätten. Und diese Vorwürfe habe der Bund bisher «nicht ansatzweise entkräften» können.
Heks «kann damit leben»
Direkt angesprochen ist damit auch das Hilfswerk der evangelischen Kirchen der Schweiz (Heks). Namentlich geht es unter anderem um die Unterstützung des Kairos-Palästina-Dokuments und der Organisationen Badil und Zochrot. Gemäss Heks-Sprecher Dieter Wüthrich hat das Heks das Kairos-Dokument aber nicht unterzeichnet, sondern nur zur Kenntnis genommen. Und ganz grundsätzlich: «Wir prüfen sehr genau und intensiv, mit wem wir zusammenarbeiten. Unser Engagement bewegt sich immer im Rahmen des internationalen Rechts.» Der Einsatz der Organisation Zochrot für ein Rückkehrrecht der Palästinenser beispielweise beruhe auf einer Uno-Resolution.
Dass im Namen der ebenfalls kritisierten und von der Schweiz unterstützten Organisation Badil antisemitisch wirkende Karikaturen publiziert wurden, sei eine alte und zu verurteilende Geschichte. Badil habe sich selbst davon distanziert. Auch das Heks verurteile Antisemitismus und Rassismus «aufs Deutlichste» und habe Boykotte nie unterstützt. So könne seine Organisation leben mit dem verabschiedeten Wortlaut der Motion, sagt Wüthrich.
Marius Schären / reformiert.info / 14. Juni 2017
Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».
Bund soll Hilfsorganisationen genauer beobachten