Der Sänger der «Toten Hosen», Campino, betet. «Mir ist aufgefallen, dass ich in bedrohlichen Situationen so reagiere: ‹Lieber Gott, wenn es dich gibt, dann mach doch bitte dies oder jenes›», sagte er der Düsseldorfer «Rheinischen Post». «Man möchte ja nichts unversucht lassen, um das Unglück abzuwenden», erklärte der 62-Jährige. «Es ist mir oft passiert, dass ich ein Stossgebet losgelassen habe, wenn ich nicht wusste, was ich tun sollte. Und hin und wieder eine Kerze in der Kirche anzünden, schadet ja auch nicht.»
Über einen längeren Aufenthalt in einem Kloster sagte Campino, er habe zunächst Vorurteile gehabt. «Das wird eine strenge Angelegenheit, dachte ich, die haben bestimmt keinen Humor», berichtete er. «Bei meinem ersten Besuch stellte ich dann fest, dass die Mönche wesentlich offener im Gedankenspiel sind, worum es beim Glauben geht.»
Eine kritische Haltung der Kirche gegenüber habe er sich dennoch bewahrt, sagte Campino. Es sei nicht so gewesen, «dass ich aus dem Kloster nach Hause zurückgekehrt bin und dann all die Probleme nicht mehr gesehen hätte, die die Kirche heutzutage hat».
Campino appelliert zudem an junge Künstlerinnen und Künstler, sich offen gegen Extremismus einzusetzen. «Wenn du dir die Umfragen ansiehst, was die AfD in der Altersgruppe bei 16- bis 20-Jährigen für Sympathiewerte hat: Diese Gruppe erreichen wir als Ü-60-Jährige gar nicht mehr von unserer Rockbühne aus», sagte er. «Deshalb wäre es wichtig, dass Leute aus dieser Generation, die Strahlkraft haben, sich politisch einbringen, vielleicht gerade weil man es von ihnen nicht erwartet», sagte Campino. Das wäre dann ein Aha-Effekt. «Dadurch könnte man junge Menschen zum Umdenken bringen», fügte er hinzu.
«Wir Toten Hosen konnten viele Jahre lang in gewisser Weise als Sprachrohr von und für die Jugend fungieren und haben sicherlich Einfluss gehabt», unterstrich der Sänger. «Aber das können wir heutzutage nicht mehr. » Es sei immer wieder ein Ringen darum, «wie weit man seine Strahlkraft nutzen kann und wie schnell sie vergeht», erläuterte Campino. «Wenn man sich zu häufig einbringt, kann man sie sehr leicht verlieren.»
Campino betet und appelliert an junge Kunstschaffende