Chancen und Risiken
Kompakt zusammengefasst geht es Unternehmenssteuerreform III (USR III) im Wesentlichen darum: Mit der Vorlage, über die am 12. Februar abgestimmt wird, soll die ermässigte Besteuerung von Holding-, Domizil- und gemischten Gesellschaften abgeschafft werden. Aufgrund internationalen Drucks – so akzeptieren etwa die OECD und die EU eine Sonderbehandlung ausländischer Holdings nicht mehr – ist die Schweiz gezwungen, Steuerprivilegien für Firmen abzuschaffen. Die USR III sieht im Gegenzug dafür eine allgemeine Senkung der Gewinnsteuern und neue Steuerabzüge vor, um so den drohenden Exodus von Firmen zu verhindern.
«Ungerecht»
An einem Podium in Adliswil unter dem Titel «USR III – faire Reform oder ungerechtes Steuergeschenk?» waren sich die vier Teilnehmer einig, dass die Notwendigkeit einer Reform unbestritten sei. Doch über das Wie gingen die Meinungen auseinander. Davide Loss, Jurist von Beruf, SP-Kantonsrat und Adliswiler Gemeinderat, lehnt die Reform ab. Für ihn steht fest, dass letztlich der Mittelstand und die Gemeinden die Verlierer sein werden. «Ich kann nicht einer Vorlage zustimmen, die derart grosse Steuerausfälle bringen wird und aufgrund derer der grösste Teil der Dividenden ins Ausland abwandern wird», hielt er fest. In der Schweiz müssten Firmen moderate Unternehmenssteuern zahlen, was gut sei. Er sehe nicht ein, weshalb durch die USR III Ausfälle von einem Drittel bei den Gewinnsteuern hingenommen werden müssten.
So sieht es auch Res Peter, Pfarrer in Zürich Neumünster und Mitinitiator des kirchlichen Nein-Komitees. Wenn man Firmen massiv steuerlich entlaste, würden die eingesparten Gelder zu den Dividenden fliessen. «Es ist schlichtweg nicht gerecht, wenn Grossaktionäre Dividenden geschenkt erhalten und das entgangene Geld durch den Mittelstand und die Gemeinden kompensiert werden müssten.»
Attraktiv bleiben
Diesen Gegenargumenten hielten die Befürworter die Vorzüge der USR III gegenüber. Mario Senn, Leiter Politik & Projekte an der Zürcher Handelskammer und FDP-Gemeinderat in Adliswil, strich heraus, entlastet würden insbesondere die KMU. Diese seien nicht im Besitz von ausländischem Aktionariat, womit auch nicht zu befürchten sei, dass die erzielten Gewinne ins Ausland abfliessen würden. Profitieren etwa würden bei einer Senkung der Gewinnsteuer Unternehmen wie die Swisscom oder Raiffeisen, derweil ein international tätiges Grossunternehmen wie die Zürich Versicherung mehr bezahlen müsse. Für Armin Steinmann, Statthalter, Bezirksratspräsident und SVP-Kantonsrat, steht aus Zürcher Sicht im Vordergrund, dass der Kanton seine Standortattraktivität bewahren kann. «Ohne USR III werden sowohl die Schweiz wie der Kanton Zürich an Attraktivität verlieren, was Arbeitsplätze gefährdet.»
Beispiel Google
Felix Reich, Redaktionsleiter von «reformiert.» Zürich, der das Gespräch moderierte, versuchte, die komplizierte Steuerdiskussion anschaulich zu machen mit der Frage, ob denn Google bei einem Nein zur USR III aus Zürich wegziehen würde. Das wisse er nicht, sagte Steinmann. Google zahle wenig bis keine Steuern hierzulande. Doch baue der IT-Gigant stetig aus und generiere damit wertvolle Arbeitsplätze. Dies komme dem Kanton Zürich und der Schweiz zugute, die auch von den bezahlten Steuern der Mitarbeitenden profitierten. Laut Senn spielt der Steuerfaktor für Google in der Tat kaum eine Rolle.
Doch generell dürfe man nicht den falschen Schluss ziehen, dass ein höherer Steuersatz zwingend auch mehr Steuereinnahmen bedeute. Die richtige Rechnung laute: Steuersubstrat mal Steuersatz. Sei Letzterer zu hoch angesetzt, komme weniger Geld rein. Res Peter verwies darauf, dass Grossfirmen sich weniger wegen der Höhe des Steuersatzes für einen Ort wie Zürich entschieden, sondern dass andere Faktoren wie Flughafennähe, Sicherheit und hohe Ausbildungsqualität – Stichwort ETH und Universität – relevant seien. «Das alles hat aber seinen Preis. Firmen sollen hier auch einen angemessenen Teil zum Gemeinwohl beitragen.»
Fuder überladen
Davide Loss sprach davon, es sei der Teufel an die Wand gemalt, wenn behauptet werde, dass Firmen ins Ausland abwandern würden, wenn die USR III vom Volk nicht angenommen werde. Ein Nein würde vielmehr zeigen, dass bei der anfänglich richtig aufgegleisten Vorlage von bürgerlicher Parlamentsseite das Fuder überladen worden sei. Daher gebe es nur eins: «Zurück an den Absender» und eine bessere Vorlage ausarbeiten.
Auch Für Res Peter schiesst die Vorlage übers Ziel hinaus. Die Reichen würden profitieren, der Mittelstand müsse dafür bezahlen. Für die Kirchen, die vom Kanton bisher keine Kompensationszahlungen versprochen erhalten haben, wären massive Budgeteinschnitte zu erwarten. In der Stadt Zürich wären dies etwa 12 Prozent, was Projekte im Sinne des gesellschaftlichen Zusammenhalts, wie etwa Jugendarbeit, Notfallseelsorge oder Gassenküchen, gefährden würde.
Stefan Schneiter / reformiert. / 24. Januar 2017
Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».
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