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«D’Schnorre hebe» und zuhören

von Stefan Degen
min
01.03.2024
Dina verzichtet in der Fastenzeit auf Worte. Weniger ­sprechen, mehr zuhören – auch das ist gut für das Klima: für das Gesprächsklima nämlich. Zudem erhofft sie sich, offener zu werden für Gottes Stimme.

Keine Schokolade, keine Süssigkeiten, Verzicht auf das Frühstück: Mit Fasten hat Dina Erfahrung. Seit rund fünf Jahren schränkt sich die 20-jährige St. Gallerin in der Zeit vor Ostern ein. Zweimal verzichtete sie in der Fastenzeit gar auf alle Produkte mit mehr als fünf Prozent Zucker. «Hast du gewusst», fragt sie, «dass Paprika-Chips fünf Prozent Zucker enthalten?»

Ganz schweigt sie nicht

Nun also der Verzicht auf Worte. Weshalb? «Ich rede mehr, als ich denke», gesteht Dina. «Ich habe gemerkt, dass ich oft nur um des Redens willen spreche, und nicht, weil ich etwas Wichtiges zu sagen hätte.» So kam sie auf die Idee, die anstehende Fastenzeit zu nutzen, um ihr Sprechverhalten zu überdenken.

Bevor ich den Mund aufmache, will ich mich fragen, wieso ich etwas sagen will: Sage ich es, um Bestätigung zu bekommen, um jemanden runterzumachen, um Freude zu teilen, um jemanden zu ermutigen?

«Zuerst dachte ich, ich könnte ganz auf Worte verzichten», erzählt sie. Aber das sei nicht praktikabel. «Manchmal muss man auf eine Frage eine Antwort geben.» Der erste Impuls solle nun das Zuhören sein: «Bevor ich den Mund aufmache, will ich mich fragen, wieso ich etwas sagen will: Sage ich es, um Bestätigung zu bekommen, um jemanden runterzumachen, um Freude zu teilen, um jemanden zu ermutigen?» Statt 1000 Worte am Tag sage sie dann vielleicht nur noch 50. «Dafür haben diese dann Gewicht.»

Oft am Glauben gezweifelt

Beim Fasten geht es Dina aber nicht nur um Verzicht. Es hat eine religiöse Dimension. Wenn die Medizinstudentin am Morgen mit dem Zug nach Zürich an die Uni fährt, nutzt sie die Zeit, um zu beten. «Zeit mit Gott verbringen» nennt sie das. Dina ist in einer Freikirche in St. Gallen aufgewachsen und ist dort bis heute aktiv. «Für mich ist es der Ort, wo es normal ist, dass man glaubt. Nicht wie sonst, wo man das Gefühl hat, dass man voll die Aussenseiterin ist.»

Wenn Dina von ihrem Glauben erzählt, von ihren Gebetserhörungen, vom «Worship» in der Kirche, merkt man, wie wichtig ihr der Glaube im Alltag ist. Hatte sie nie Zweifel? «Doch, oft», sagt sie. Aber letztlich habe sie sich immer für den Glauben an Gott entschieden. «Bei allen Unsicherheiten ist der Glaube das, was bleibt. Den kann mir niemand wegnehmen.»

Zugetextet statt zugehört

Vor einigen Wochen erfuhr Dina über eine Freundin von der ökumenischen Aktion «40 Tage ohne …» (siehe Kasten). Da entschloss sie sich, ihr Wortefasten in die Tat umzusetzen. Denn durch das Schweigen werde sie auch innerlich still: «Ich hoffe, dadurch sensibler zu werden für Gottes Stimme, statt ständig selbst zu plappern.» Das mache sie offener für ihre Mitmenschen, sagt sie, und illustriert ihren Gedanken an einem Beispiel: «Ich war einmal auf einer Party, da hatte jemand ein negatives Bild von den Kirchen. Ich habe ihn dann zugetextet und versucht, all diese Klischees zu erklären und die Kirchen gut dastehen zu lassen.» Dabei habe sie ihm gar nicht richtig zugehört. «Was waren seine Erfahrungen mit der Kirche, was beschäftigt, was bewegt ihn? Dafür habe ich mich gar nicht interessiert, da ich die Antworten sowieso schon zu wissen glaubte. Ich hätte ihm einfach zuhören sollen!»

«40 Tage ohne»

Die Aktion «40 Tage ohne» richtet sich an junge Erwachsene und animiert sie, 40 Tage auf etwas zu verzichten. Wer sich anmeldet, bekommt in dieser Zeit Inputs zum Thema Fasten und Verzicht. Die Aktion wird getragen vom Netzwerk Junge Erwachsene der Evang.-ref. Kirche des Kantons St. Gallen, von der Fachstelle Kirchliche Jugendarbeit des Bistums St. Gallen und der katholischen Jugendseelsorge des Kantons Zürich.

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