Baselland, Basel-Stadt, Luzern, Schaffhausen, Schwyz, Solothurn, Uri, Zug
Die Bibel auf Baslerdeutsch

«Daas het dr mi Bappen ìm Hìmmel iigliiselet»

von Noemi Harnickell
min
26.10.2023
Die Neuübersetzung des Neuen Testaments ins Baseldeutsche lässt die Leser schmunzeln. «Ìm Bebbi si Bììble» ist die 1633. Übersetzung und erscheint am 28. Oktober.

Eines haben der pensionierte Biologieprofessor und Theologe Jürg Meier und Martin Luther gemeinsam: Ihnen beiden ist es gelungen, die Bibel nicht nur verständlicher, sondern auch noch unterhaltsamer zu machen. So heisst es bei Matthäus 16, 17 in der Luther­bibel etwa: «Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Selig bist du, Simon, Jonas Sohn; denn Fleisch und Blut haben dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel.» In Jürg Meiers «Ìm Bebbi si Bììble» wurde daraus: «Dr Jesus säit doo zuen em: Bìsch e Glüggspìlz, Simon, Soon vom Jonas. Soo häll bìsch nìd uf dr Platten, as de doo sälber druff koo wärsch. Sondern daas het dr mi Bappen ìm Hìmmel­ ­iigliiselet.»

Von den Evangelien zum Testament

Die wörtliche Übersetzung der Bibel in eine Mundartsprache müsse mit einer emotionalen Übersetzung einhergehen. Ein Basler empfinde die Bibel anders als ein Martin Luther. «Da ich seit 69 Jahren Baseldeutsch spreche, habe ich grundsätzlich so geschrieben, wie ich rede», erklärt Jürg Meier sein Vorgehen.

Auf die Idee, Bibelstellen ins Baseldeutsche zu übersetzen, kam Jürg Meier 2015 bei einer Bibelausstellung in Riehen. Während andere Mundartübersetzungen bereits existierten, darunter auf Zürcher- und Berndeutsch, hatte sich bis dahin noch niemand an den Baslerdialekt gewagt. Zeit, dies zu ändern, beschloss Jürg Meier und setzte kurzerhand selbst die Feder an. 2016 veröffentlichte er die Evangelien, 2017 folgte die Apostelgeschichte, und 2020 kamen die Psalmen aus dem Alten Testament dazu. 2022 machte sich Meier schliesslich daran, das gesamte Neue Testament zu übersetzen – und zwar geradezu in Rekordzeit. Zwei Monate sass Meier an der ersten Fassung, gerade mal so lange brauchte auch Martin Luther für das Neue Testament. «Die Knochenarbeit kam danach», meint Meier. «Für Baseldeutsch gibt es kein Rechtschreibprogramm, das prüft, ob jedes Wort gleich geschrieben ist.» Redigieren, Lektorat, Layout – Meier war für alles selbst verantwortlich. Sogar finanziert hat er die Auflage von 1000 Exemplaren selbst.

Was hat Jesus wirklich gesagt?

«Inzwischen kann ich einen Satz ansehen und weiss genau, wie der auf Baseldeutsch klingen muss.» Aber einige Bibelstellen hatten es in sich. Vor allem die Paulus-Briefe hätten ihm Mühe bereitet. Andere Stellen seien selbst in anderen deutschen Übersetzungen schwer verständlich, wenn nicht gar «sinnentstellend», wie Meier es nennt.

«Im Matthäusevangelium steht beispielsweise mehrmals die Redewendung ‹Zähneklappern›. Dafür gibt es keine direkte Möglichkeit zur Übersetzung in unsere Mundart. Ich habe dann mit ‹dr Datteri haa› übersetzt.» Das komme dem Begriff «Zähneklappern» wohl am nächsten, sei aber ein typisch baslerischer Ausdruck, der wiederum kaum in die deutsche Sprache zurück übersetzt werden könne – ausser eben mit «Zähneklappern».
Um die richtige Übersetzung wird oft gestritten. Als Jesus am Kreuz ruft: «Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?», könnte eine andere Intonation in der aramäischen Bibel auch zur Bedeutung führen: «Mein Gott, für dieses Los wurde ich aufgespart.» Das verändert die Bedeutung der Aussage massgeblich.
Neben der Griechisch-Deutsch-Interlinearübersetzung verwendete Jürg Meier vor allem das jüdische Neue Testament, die englische Übersetzung der aramäischen Bibel sowie einige deutsche Bibelübersetzungen. «Bei schwierigen Textstellen konsultierte ich alle mir zur Verfügung stehenden Übersetzungen. In einer dieser Quellen befand sich immer eine für das Verständnis sehr befriedigende Übersetzung.» Zusätzlich enthält «Ìm Bebbi si Bììble» auch 170 Anmerkungen zur Erklärung schwieriger oder schwer verständlicher Verse.

«Die Bibel fängt im Dialekt zu leben an»

Das Echo auf Meiers Neuübersetzung fällt positiv aus – grösstenteils zumindest. Eine Frau habe sich beschwert, es wäre blasphemisch, Gottes Wort in dieser Sprache zu verbreiten. Meier sieht das anders. «Jesus hatte so viel mit Menschen zu tun, der kann unmöglich in gehobener Sprache zu ihnen gesprochen haben, wie uns das viele Übersetzungen heute glauben machen. Jesus redete in der Sprache des gemeinen Volkes.»
Dialekte klingen rasch primitiv und zuweilen sogar etwas provokativ. Nach einer längeren Diskussion mit einem Theologiekollegen entschied sich denn Meier auch dazu, die Engel etwas hoheitlicher sprechen zu lassen. «Die Bibel fängt im Dialekt zu leben an», sagt Meier. «Das macht es doch erst so spannend.»

«Ìm Bebbi si Bììble», 10 Franken, erhältlich in allen Basler Buchhandlungen. Erscheinungsdatum: 28. Oktober 2023

Unsere Empfehlungen

Vom Liebes- zum Weihnachtslied

Vom Liebes- zum Weihnachtslied

Vor 200 Jahren entstand «O Tannenbaum». Ursprünglich als Trinklied eines Verschmähten gedacht, wurde es zu einem der beliebtesten Weihnachtslieder. Auch hinter anderen viel gesungenen Weihnachtsliedern verbergen sich wunderbare Geschichten.