«Das Kloster wird erlebbar»
Herr Bleil, der Kantonsrat hat Mitte Mai grünes Licht gegeben für die umfassende Sanierung der Domäne Kloster Kappel. Was heisst das nun für die Anlage von nationaler Bedeutung?
Es ist ein ganzes Bündel von Massnahmen. Wir freuen uns, dass es nun bald losgehen kann mit dem Umbau, sowohl aus theologischer als auch aus Hotelier-Sicht. Mit dem Projekt «Revitalisierung und Entwicklung der Domäne Kloster Kappel» wird das ganze Klosterareal zukunftsfähig gemacht.
Zukunftsfähig – wie meinen Sie das genau?
Die Neugestaltung der Anlage ist auch eine Steilvorlage für ökologische Themen. Im Zuge der Sanierung werden die Gebäude gedämmt und somit energetisch nachhaltiger, auf einem Neubau wird eine Solaranlage errichtet. Die ganze Domäne bewegt sich Richtung Klimaschutz und Klimaneutralität.
Sehen Sie darin auch einen theologischen Nutzen?
Unbedingt, schliesslich sind Nachhaltigkeit und Bewahrung der Schöpfung Kernthemen der Kirche. Mit dem 2019 neu angelegten Klostergarten wird ausserdem die Artenvielfalt geschützt. Wir bieten regelmässige Führungen an, die auf sehr viel Interesse stossen: Im Kräutergarten kann man eine Vielzahl von Medizin- und Duftpflanzen entdecken, während im Gemüsegarten gefährdete Kulturpflanzen wachsen.
Die historische rechteckige Umfassungsmauer der Klosteranlage auf der nördlichen und nordöstlichen Seite des Areals soll wieder aufgebaut werden. Die Mauer stiess im Vorfeld auf viel Widerstand. Können Sie diesen verstehen?
Sobald sich Leute intensiver mit dem Projekt beschäftigen, wie jüngst der Kantonsrat, lösen sich die Einwände für die allermeisten in Luft auf, das finde ich interessant. Eine grosse Mehrheit hat sich dafür ausgesprochen, was ja seine Gründe haben muss. Auch mich überzeugt die Mauer als wichtiger Teil des Projekts «Intra Muros – Extra Muros» des niederländischen Büros Atelier Kempe-Thill und der bbz Landschaftsarchitekten Bern. Bereits heute existiert sie zu 70 Prozent, nun soll sie im Zuge der Umgestaltung an bestimmten Stellen ergänzt werden.
Kritikern sehen in der Mauer ein Symbol der Ausgrenzung.
Die 1.80 Meter hohe Mauer definiert das Areal. Zurzeit ist die Situation rund um den Eingangsbereich der Anlage heterogen und verwirrend. Dank der Mauer und der Verschiebung der Parkierung wird das Kloster erlebbarer. Zuerst ist man draussen, dann drinnen – im Schutz- und Erholungsraum. Mit Ausgrenzung hat das nichts zu tun, viel eher mit Gastfreundschaft.
Spirituelle Erholung findet man auch bei den Tagzeitengebeten. Werden diese auch während der Umbauphase mehrmals täglich stattfinden?
Ja. Sie sind der Herzschlag dieses Ortes und entstammen der mönchischen Tradition. Seit 1977 finden die Tagzeitengebete in Kappel ununterbrochen am Morgen, Mittag und Abend während jeweils 15 Minuten statt. Durch alle Phasen des Umbaus hindurch werden sie in der Klosterkirche weitergeführt. Diese gehört neben dem Grossmünster und der Klosterkirche Rheinau zu den letzten Sakralbauten, die sich im Besitz des Kantons Zürich befinden.
Hat die mehrjährige Umgestaltung der Domäne Einfluss auf den Betrieb des von der Zürcher Landeskirche betriebenen Bildungszentrums und des Seminarhotels?
Der Betrieb wird kaum tangiert. Die beiden Gebäude der Landeskirche mit den insgesamt 79 Hotelzimmern und den 18 Seminarräumen befinden sich ebenfalls in einem guten Zustand und werden nicht verändert. Abgesehen von ein paar kleineren Unannehmlichkeiten etwa bei der Zufahrt zur Anlage – die Parkplätze werden neu ausserhalb der Mauern angeordnet – sollten die Besucherinnen und Besucher in der rund fünfjährigen Umbauphase kaum beeinträchtigt werden.
Sandra Hohendahl-Tesch, reformiert.info
«Das Kloster wird erlebbar»