Das Salz in der Kirchensuppe: 500 Jahre täuferisches Christentum
Die Erwachsenentaufe von Jörg Blaurock am 21. Januar 1525 in Zürich gilt als Geburtsstunde der Täuferbewegung. Global zählt sie heute 2,1 Millionen Christinnen und Christen. In ihrem Ursprungsland Schweiz sind es nur mehr rund 2000. Aber sie machen einen Unterschied.
Für den Glauben verfolgt
Ich jedenfalls nenne die Täuferbewegung gern das Salz in der Kirchensuppe. Denn die Täufer oder Mennoniten sind eine historische Friedenskirche. Die erste «Glaubenstaufe» und ihr erstes Gemeinde-Abendmahl in Zollikon vom 25. Januar 1525 sind ihnen nicht primär Anlass für Jubel, sondern für Gedenken. Damals kam es nämlich zum Bruch mit Zwingli und der reformierten Kirche. Ab dann wurden sie verfolgt, vertrieben, gefoltert oder hingerichtet.
Für nonkonformistisches Christsein war damals kein Platz. Aber sie beharrten darauf: Die Taufe sei nur im Sinne Jesu, wenn erwachsene Menschen sich frei für den christlichen Glauben entschieden und der Sünde absagten. Und: Der Staat dürfe nicht in die Kirche hineinregieren. In dem Sinn gründeten die Täuferinnen und Täufer 1525 die erste «Freikirche». Für ihren Glauben nahmen sie Martyrium und Verfolgung durch Landeskirchen und Landesherren in Kauf.
Dass sie «uns» diese Verfolgung vergeben konnten und wie sie Versöhnung täglich im Kleinen und Grossen vorleben – dafür bewundere ich die Mennoniten. Selig, die Frieden schaffen. Angesichts der Kriege heute, angesichts von Säkularisierung und neuem Totalitarismus versprüht der konsequent biblische Weg des Täufertums einigen Charme: Sie wollen Gott mehr gehorchen als den Menschen respektive den Mächtigen.
Historische Friedenskirche
Dabei bleiben «Mennos» selbstkritisch. Auch Mennoniten kämpften im Weltkrieg, sogar gegeneinander. Auch Täufer liessen sich einfangen von Staat und unchristlichen Regimen. 1945 besannen sie sich auf ihr Friedenszeugnis.
Mit täuferischem Salz würzte diese kleine Kirche jetzt die grosse ökumenische Bewegung: Nach dem moralischen Bankrott durch Weltkriege und Schoah brauchte die Ökumene den Impuls der Friedenskirchen, um Wege der Versöhnung, des Friedens und der Gerechtigkeit einzuschlagen.
An Auffahrt 2025 kommen Mennos aus aller Welt nach Zürich: Wieder fragen sie, wie das christliche Friedenszeugnis heute im 21. Jahrhundert aussehen muss. Ich finde, diesmal sollten wir Reformierten dabei sein und unsere Kirche mit einer Prise christlichem Nonkonformismus würzen.
Eine Veranstaltungsagenda zu 500 Jahren Täuferbewegung finden Sie auf: www.anabaptism500.ch
Die Basler Theologin und Radiojournalistin Judith Wipfler studierte Evangelische Theologie an der Universität Heidelberg und an der Theologischen Fakultät in Basel. Seit 2001 arbeitet die Religionsexpertin für Radio SRF und führt seit 2014 die Fachredaktion Religion. Die Universität Bern hat Judith Wipfler für ihr langjähriges Engagement im interreligiösen Dialog mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet.
Foto: SRF/Bildbearbeitung Kirchenbote
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