Der Alpinist mit einem Flair für Weihnachtskrippen
Die Eltern richteten die Weihnachtsstube stets in aller Heimlichkeit ein. Dann, an Heiligabend, ertönte eine kleine Glocke. Dies war das Zeichen, dass der Ort der Herrlichkeit nun betreten werden durfte. Ein prächtiger Blickfang war natürlich jedes Mal der geschmückte Tannenbaum. Aber auch die Krippe mit Josef, Maria, dem Jesuskind, Ochs und Esel sowie all den anderen Figuren, die zur biblischen Weihnachtsgeschichte gehören – die ganze Szenerie liebevoll gepolstert mit Moos, wie es im Wallis üblich ist.
Die Kraft der Weihnachtsgeschichte
«Es war immer wieder ein wunderbarer Moment, in die festliche Stube mit der Krippe einzutreten», erinnert sich Arnold Heynen (80). Seit Jahrzehnten lebt er zusammen mit seiner Frau in Wiedlisbach BE; aufgewachsen ist er aber in Ausserberg im Wallis. Noch heute berühre es ihn zutiefst, wenn er eine Weihnachtskrippe betrachte. «Diese Geschichte, wie sie in der Bibel erzählt wird, hat eine ganz eigene Kraft», sagt er. Auch wenn sie sich vielleicht nicht ganz so ereignet habe – «viel Wahres ist auf jeden Fall daran, man hat sie nicht einfach erfunden.»
Entsprechend gehört für den pensionierten Lehrer und ehemaligen Bergführer zu Weihnachten nicht bloss die geschmückte Tanne, sondern ebenso die Krippe. Wobei die Einzahl in seinem Fall nicht stimmt: Vordem besass er hundert verschiedenste Ausführungen, heute sind es immer noch vierzig. Jetzt, in der Adventszeit, lassen sie sich im Haus der Heynens bestaunen, in allen möglichen Grössen und Ausführungen, aus allen möglichen Ländern und Erdteilen, Spanien, Frankreich, Russland, Mexiko, Deutschland, Italien, Ägypten. Und natürlich auch aus der Schweiz.
Auch Tuffstein gehört dazu
Das klassische Material für die Krippenfiguren sei Gips, Pappmaché und Ton, erklärt Arnold Heynen. Später seien Holz, Papier, Karton und Stoff hinzugekommen. Auch ein Ensemble aus Maisblättern besitzt er. Dieses stammt aus Prag. Je nach Material und Machart sind die Figuren bunt bemalt oder naturbelassen. Einige der grösseren Krippen hat ihr Besitzer auch mit Tuffbrocken ausgestattet, die Felsformationen rund um Bethlehem darstellen. «Das ist Tuff aus dem Wallis, ich kenne Orte, wo er besonders schön ist», berichtet er. Und macht auf die flockig weissen Schafe aufmerksam, die um die grösste seiner Krippen gruppiert sind: «Sehen Sie, diese Schafe sind in der Schwarzenberger Tradition hergestellt; so schön und lebensecht, richtige Walliser Schwarznasenschafe mit der typischen Zeichnung und der eher stumpfen Schnauze.»
Neue Besitzer gesucht
Arnold Heynen will den grössten Teil seiner Sammlung nun verkaufen. «Zu günstigen Preisen», wie er betont. Ihm gehe es nicht um den Erlös, sondern darum, dass die Krippen «in gute Hände kommen, zu Leuten, die dazu auch wirklich einen Bezug haben». Ein paar Exemplare behalte er aber nach wie vor, denn ein Advent ohne Krippe sei eben kein richtiger Advent.
Weihnachten hingegen feiert er nicht in Wiedlisbach, sondern stets im Heim seiner Kindheit in Ausserberg. Hier stellt er jeweils eine besonders grosse Krippe auf, die auch von vielen Ortsbewohnern gerne aufgesucht wird – eine richtige Weihnachtsattraktion. «Manche Leute mögen Krippenfiguren als Kitsch abtun», sagt Heynen. Er aber sei der Meinung: «Bethlehem ist überall, gerade auch dort, wo Weihnachtskrippen stehen.»
Hans Herrmann, reformiert.info, 18. Dezember 2017
Der Alpinist mit einem Flair für Weihnachtskrippen