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Der Bienenpfarrer

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25.08.2016
Pfarrer Stéphane Barth betreut nicht nur 1500 Gemeindemitglieder, sondern auch 720 000 Bienen. Die Bienen haben seine Sicht auf die Schöpfung verändert.

Wenn Stéphane Barth seine Ferien unterbricht, dann geschieht dies nicht nur wegen seiner Schäfchen in der Kirchgemeinde, sondern auch wegen seiner Bienen. Gegen Ende Juli findet schweizweit die erste von drei Varroamilben-Behandlungen im Jahr statt. Daran sollten sich alle Imker beteiligen, meint der Breitenbacher. Stéphane Barth beherbergt in seinem Pfarrhausgarten in Breitenbach SO zwölf Völker mit je 40 000 bis 80 000 Bienen. Schön aufgereiht ­stehen die Kästen auf der Wiese. Breitenbach, das idyllisch am Nordfuss des Juras liegt, bietet den idealen Lebensraum: Gepflegte Gärten, Felder und Wälder locken die Insekten.

Im Frühjahr suchen die Bienen den blühenden Bärlauch auf. Das ergebe einen einmaligen Honig, schwärmt der Pfarrer. Über acht Jahre hegte Stéphane Barth den Traum, einmal Bienen zu besitzen. 2011, kurz vor seinem 40. Geburtstag, meldete er sich für einen Jungimkerkurs an. Es merkte bald, wie viel Arbeit mit der Betreuung der Bienen verbunden ist. Als Belohnung erntet Barth bis Mitte Juli 40 bis 60 Kilogramm Honig. «Doch wer glaubt, die Imkerei rechne sich finanziell, der irrt», sagt der Pfarrer. Der Aufwand sei immens. Das Hobby bietet dem Pfarrer einen guten Ausgleich in seinem «oftmals vergeistigten Beruf». Barth will zudem einen Beitrag zur Umwelt und zur Erhaltung der Schöpfung leisten: Ohne Bienen keine Bestäubung der Bäume und keine Früchte. Doch die Völker sind geschwächt: In der «landwirtschaftlichen Einöde» finden sie immer weniger Nahrung. «Albert Einstein soll gesagt haben, «Sterben die Bienen aus, hat der Mensch noch vier Jahre zu leben», zitiert Barth.

Christus als himmlische Biene

In der Kulturgeschichte spielen Bienen seit Jahrtausenden eine Rolle. Die Ägypter drückten ihre Ergebenheit zum Pharao mit dem Symbol der Biene aus. In der Bibel findet Simson auf dem Weg zu den Philistern im Kadaver eines Löwen einen Bienenschwarm. Dieses Bild habe lange nachgewirkt, sagt Stéphane Barth. «Man glaubte, Bienen entstehen im Aas.» Man konnte sich nicht vorstellen, wie sie sich vermehren und dass mehrere Männchen eine Königin begatten. «Für die Kirche war dies Unzucht.»In der mittelalterlichen Symbolik gilt Christus als «himmlische Biene», Maria als Bienenstock, und der Honig steht für die Süsse der göttlichen Wahrheit. Schutzpatron der Imker ist der Heilige Ambrosius. Die Verehrung geht auf eine Legende zurück. Als Ambrosius noch ein Knirps war, liess sich ein Bienenschwarm friedlich auf seinem Gesicht nieder. Für den Zeitgenossen war dies ein klares Zeichen, dass Gott mit dem Kind viel vorhat.

Amtsbruder Barth hat so etwas noch nie erlebt. Im Gegenteil: Als seine Tochter eine Wabe fallen liess, stürzte sich das wütende Bienenvolk auf die beiden. Nur die Flucht ins Haus rettete sie vor weiteren Stichen. «Bienenstiche gehören dazu wie das Amen zur Kirche», witzelt Barth. Im Sommer besuchten zwei Primarklassen den Pfarrhausgarten. Nach der anfänglichen Angst waren die Kinder von den brummenden Insekten fasziniert. Das Staunen kennt Stéphane Barth. Die Beobachtungen haben seine Beziehung zur Schöpfung verändert. Die Bienen durchkreuzten seine romantische Sicht der Natur. Im Bienenstock gehe es manchmal brutal zu; wenn die Männchen nicht mehr gebraucht werden, drängen sie die Arbeiterinnen aus dem Stock. Trotzdem ist Barth vom immensen Reichtum der Natur beeindruckt.

26.8.2016, Tilmann Zuber

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