Der grosse zweite Schaffhauser Reformator
Er hat wesentlich zur Reformation in Schaffhausen beigetragen. Trotzdem blieb es viele Jahre lang still um den Schaffhauser Reformator Johann Conrad Ulmer (1519–1600). «Er ist eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Schaffhauser Geschichte und einer der profiliertesten Schweizer Reformatoren», sagt Oliver Thiele, Präsident des Historischen Vereins Schaffhausen.
Nun würdigt der Verein das Werk des Reformators im Buch «Johann Conrad Ulmer, Vollender der Reformation in Schaffhausen», das im Chronos Verlag erschienen ist. Namhafte Wissenschaftlerinnen aus dem In- und Ausland zeichnen darin ein facettenreiches Porträt des grossen Schaffhausers. «Das Publikum kann so eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der frühen Neuzeit kennenlernen», so Thiele. Das Werk beinhaltet Aufsätze aus der wissenschaftlichen Tagung zum 500. Geburtstag des Reformators im März 2019 in Schaffhausen. «Weitere Beiträge von profunden Kennerinnen und Kennern Ulmers und der Geschichte der Reformation ergänzen den Band, der als neues Standardwerk über die Schaffhauser Reformation gelten kann», so Thiele weiter.
Studien bei Luther
Ulmer war der gebildetste Schaffhauser Theologe seiner Zeit. Er studierte in Strassburg bei Calvin, in Wittenberg bei Luther und Melanchthon und wurde dort zum Pfarrer ordiniert. Luther schickte ihn nach Lohr in die Grafschaft Rieneck, deren Fürst einen «guten Theologen» wünschte, um die Reformation durchzuführen. Ab 1559 berief der Rat von Schaffhausen den Gelehrten in seine Heimatstadt zurück, um die Reformation in den Gemeinden umzusetzen. 1564 willigte dieser in den Umzug nach Schaffhausen ein. Nach seiner Rückkehr wirkte er zunächst als Münsterpfarrer, ab 1568 als Pfarrer am St. Johann in Schaffhausen.
Johann Conrad Ulmer gilt nach Sebastian Hofmeister als zweiter Reformator Schaffhausens und amtete als einer der drei Hauptpfarrer und als Dekan der Schaffhauser Kirche. Nach seiner Wahl zum Antistes (Vorsteher) prägte er rund drei Jahrzehnte lang das kirchliche Leben Schaffhausens. Unter anderem schuf er einen ersten Katechismus und ein Liederbuch.
Hätte es ohne Ulmer keine Reformation in Schaffhausen gegeben? Roland E. Hofer, Stadtarchivar und Vizepräsident des Historischen Vereins Schaffhausen, ist dieser Frage nachgegangen: «Ohne Ulmer hätte es nicht diese Reformation in Schaffhausen gegeben», sagt er. In seinem Buchbeitrag fasst der Historiker die Schaffhauser Reformation zusammen und würdigt Ulmers Rolle darin. «Die Einführung der Reformation war ein jahrzehntelanger Prozess. Hätte Ulmer die dritte Einladung des Rates von Schaffhausen zur Rückkehr einmal mehr ausgeschlagen, hätte der Rat wohl eine andere Persönlichkeit mit ähnlichem Profil suchen müssen. Ob er sie gefunden hätte, können wir nicht beantworten.»
Theologe mit Einfluss
Fest steht: Der Theologe war als Prediger sehr einflussreich. Er verfasste eine neue Gottesdienstordnung und wirkte als Seelsorger. Er trat auch schriftstellerisch hervor und führte eine umfangreiche Korrespondenz, die grösstenteils erhalten ist. In seinem Katechismus vertrat er klar die schweizerische reformatorische Linie und stellte sich energisch gegen das Abendmahlsverständnis von Luther. Sein langes Leben gab ihm Gelegenheit, eine Generation lang prägend in Schaffhausen zu begleiten. «Das ist eine Tatsache, die keineswegs unterschätzt werden sollte», so Roland E. Hofer. «In diesem Sinn war Johann Conrad Ulmer nach Sebastian Hofmeister der zweite Reformator Schaffhausens. Vielleicht aber mehr noch der Vollender der Reformation in Schaffhausen.» Pd
Der grosse zweite Schaffhauser Reformator