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Der Hausarzt unter den Sozialdiensten

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17.03.2016
Das soziale Basel verfügt über unzählige Anlaufstellen. Die kirchlichen Sozialdienste sind dennoch wichtig, weil sie sich für die Anliegen Zeit nehmen – sie erfüllen die Funktion eines «Hausarztes».

In Basel gibt es eine Vielzahl an Institutionen, die sich im sozialen Bereich betätigen. Ob es da auch noch einen kirchlichen Sozialdienst braucht, scheint eine berechtigte Frage zu sein. Gerade in dieser kaum noch überschaubaren Vielfalt an Hilfsangeboten kommt Sozialdiensten, wie sie in der evangelisch-reformierten Kirche nur noch in den Kirchgemeinden Basel- West und Kleinbasel existieren, jedoch eine besondere Bedeutung zu: «Wir sind wie der Hausarzt», sagt Pia Diezig, Sozialarbeiterin in Basel West. «Wir betrachten den Menschen ganzheitlich und vermitteln ihm dann jene Hilfe, die in seinem speziellen Fall angebracht ist.» «Hilfe holen, fällt vielen schwer. Hemmungen und Ängste müssen ab-, Vertrauen muss aufgebaut werden », argumentiert Mirjam Baumann, Sozialdiakonin in Kleinbasel. «Das braucht Zeit.» Zeit, die in kirchlichen Sozialdiensten noch vorhanden ist. «Den Leuten zuzuhören, ist ein wichtiger Teil unserer Arbeit. Erkennen, wo der Schuh drückt, wo im Leben es knorzt, das ist nur möglich, wenn man sich dafür die nötige Zeit nimmt – nehmen kann», erklärt Pia Diezig. Baumann und Diezig werden so zu Bezugspersonen, wie dies auch bei einem Hausarzt der Fall ist. Die Probleme der Klienten sind vielfältig, der Arbeitsalltag auch. Zu tun gibt es dann, wenn die Klienten es brauchen. Und das ist nicht immer zu normalen Bürozeiten.

Grosser Aufgabenkatalog

Das Spektrum möglicher Hilfestellungen und einzubeziehender Fachstellen ist breit. Deshalb sind Fachpersonen auf den Sozialdiensten nötig. «Wir helfen, Zahlungen machen und Formulare ausfüllen. Begleiten auf Ämter oder zu Wohnungsabgaben, erstellen Monatsbudgets, gehen mit zur Schlichtungsstelle, organisieren die Spitex, verhandeln mit der Staatsanwaltschaft und der Kesb. Oft sind wir anwaltschaftlich tätig», erzählt Diezig. Während bei Ämtern eher von klar definierten Zuständigkeiten gesprochen werden kann, reicht die Betreuung der Klienten im kirchlichen Sozialdienst oft weiter. Da wird auch mal ein Besuch abgestattet, um zu sehen, ob es einer Person, von der man lange nichts gehört hat, gut geht und nichts passiert ist, sagt Diezig. Die Sozialdiakoninnen stehen unter Schweigepflicht, was die Klienten erzählen, wird vertraulich behandelt. Ziel der Arbeit sei es, die Menschen wieder in die Selbstständigkeit zu führen, ihnen ihre Würde zurückzugeben, ihr Selbstvertrauen zu stärken, umschreibt Mirjam Baumann ihre Arbeit. «Das bedeutet aber nicht, dass wir für alles und jedes Verständnis aufbringen », schränkt Gabriele Bohn ein, die als Sozialdiakonische Mitarbeiterin in Basel-West tätig ist. Wichtig sei es, klare Grenzen zu stecken. Abmachungen müssen eingehalten werden, sagt sie klipp und klar, beispielsweise Termine, die vereinbart wurden. Denn gerade an einer klaren Tagesstruktur mangelt es vielen, die an die Tür der kirchlichen Sozialdienste klopfen. Eine intensive Betreuung braucht Zeit und Zeit ist Geld. Auf den kirchlichen Sozialdienst umgemünzt bedeutet dies, dass ausreichend Stellenprozente zur Verfügung stehen müssen, um eine gute Arbeit leisten zu können. Das stärkste Argument für einen kirchlichen Sozialdienst ist, dass Jesus sich als Arzt bezeichnet hat, der nicht für die Starken, sondern für die Kranken und Schwachen gekommen ist.

Franz Osswald

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