Der Reformator wird am Züri-Fäscht auf die Strasse gesetzt
Auf Zürich wartet ein grosses und heisses Fest. Zwei Millionen Besucherinnen und Besucher werden erwartet. Die Temperaturen dürften bis auf 33 Grad steigen. Ins Getümmel am Züri-Fäscht werfen sich auch die Altstadtkirchen der Stadt Zürich. Bei der Wasserkirche baut der Kirchenkreis die Disputierbar auf. Hier sollen die Menschen miteinander ins Gespräch kommen über Gott und die Welt, die Kirche und ihre Mission.
Stargast an der Bar ist der Reformator persönlich. Huldrych Zwingli wurde vom Denkmalsockel bei der Wasserkirche gehoben. Hier richtet die reformierte Kirche ihre Disputierbar ein. Auch in Erinnerung an die Disputation vor 500 Jahren, bei der Zwingli seine Thesen verteidigte und keine andere Richtschnur akzeptierte für die Verkündigung und das Handeln der Kirche als die Bibel.
Bereits vor vier Jahren war Zwingli zu Gast am Züri-Fäscht. Im Jubeljahr der Reformation wurde er zum beliebten Sujet für Selfies. Allerdings befand sich das Denkmal damals in einem so schlechten Zustand, dass der Sockel längere Zeit verwaist blieb. Die Figur zeigte Schäden und musste restauriert werden.
Showdown im Rathaus
Am 29. Januar 1523 kam es im Rathaus in Zürich zum Showdown. Bereits seit vier Jahren predigte der Toggenburger Huldrych Zwingli am Grossmünster und rüttelte mit seiner Theologie an den Grundpfeilern der Kirchenlehre. Er warf von der Amtskirche etablierte Vorschriften über Bord, für die er in der Bibel keine Begründung fand.
Vor dem Rat der Stadt Zürich sowie eingeladenen Wissenschaftern und Pfarrern sollte er nun seine Thesen verteidigen. Auch der Bischof von Konstanz schickte unter der Leitung seines Vikars Johannes Faber eine Delegation nach Zürich. Zwingli ging aus der Disputation als Sieger hervor. Der Rat erlaubte ihm, weiter zu predigen, und rief die Pfarrer in seinem Herrschaftsgebiet dazu auf, der reformatorischen Lehre zu folgen.
Im Oktober 1523 wurde Zwingli erneut ins Rathaus zitiert. Diesmal verteidigte er sich dafür, dass er eine neue Messordnung installierte und Heiligenbilder aus den Kirchen entfernen liess. Erneut überzeugte er die politische Führung und festigte seine Position.
Dass die Kirche nun zum zweiten Mal an dem Ort präsent ist, geht auf die Initiative des Küsnachter Pfarrers Andrea Bianca zurück. Die Kirche wolle den Menschen «keine Botschaft unterjubeln, sondern zuhören, mit ihnen festen und diskutieren», sagte er damals. Die Vorgabe gilt auch für das zweite Gastspiel Zwinglis in der grössten Freiluftfesthütte der Schweiz mit ihren über 350 Marktstände, 180 Wirtschaften, 70 Bahnen und 50 Musikbühnen.
In der Disputierbar soll «über alles diskutiert werden, was die Menschen in Zürich beschäftigt», sagt Grossmünsterpfarrer Christoph Sigrist. Mit dem Denkmal sei auch die Kirche vom Sockel gestiegen. «Diese Erdung ist wichtig.»
Eröffnet wird die Bar am 7. Juli um 19 Uhr. Die Präsidentin der Kirchenpflege der Stadt Zürich, Annelies Hegnauer, und Andrea Bianca als Vizepräsident des Kirchenrats des Kantons Zürich, werden ihre Grussworte an die Festgemeinde richten.
Der Reformator wird am Züri-Fäscht auf die Strasse gesetzt