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«Der Tod ist Teil des Lebens»

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13.06.2018
1976 entführten palästinensische und deutsche Terroristen eine Maschine der Air France nach Uganda. Trotz hoher Risiken entschloss sich Israel, die Geiseln zu befreien. Major Rami Sherman war damals Teil der israelischen Elitetruppe Sajeret Matkal, der die spektakuläre Befreiungsaktion gelang. Auf Einladung der Basler Sektion der Gesellschaft Schweiz-Israel berichtete er über die Operation Entebbe. Der Kirchenbote hat den ehemaligen Elitesoldaten gefragt, wie er heute darüber denkt.

Herr Sherman, Israel feiert seine Gründung vor 70 Jahren. Was bedeutet das für Sie?
Das siebzigste Altersjahr ist für jedes menschliche Leben ein sehr wichtiges. In vielen jüdischen Büchern ist die Zahl 70 gleichbedeutend mit einem geschlossenen Kreis. Sieben Tage bilden eine Woche. Wenn wir wie in einem Spiegel auf die 70 Jahre unseres Landes zurückschauen und sehen, was alles erreicht wurde, kommt es uns wie ein Wunder vor. Aber es bleibt noch viel zu tun. Israel ist für jeden Juden Heimatland mit viel Lebensqualität, auch wenn das Land von vielen Konflikten beherrscht und damit die Entwicklung gehemmt wird.

Sie waren damals bei der Operation Entebbe dabei und erst 23 Jahre alt. Wären Sie bereit gewesen, im Kampf zu sterben?
Überhaupt nicht. Ich wusste zwar, dass es passieren könnte. Darauf vorbereitet war ich aber nicht.

Bei der Befreiungsaktion gab es auch Tote unter den Geiseln. Hat dies im Nachhinein Ihre Sicht auf die Aktion verändert?
Insgesamt war die Operation erfolgreich. Dass bei der Mission am Flughafenterminal drei Geiseln und ein Offizier, der Bruder des heutigen Ministerpräsidenten von Israel, starben, war für deren Familien sicherlich ein Wendepunkt im Leben. Dass Idi Amin aus Rache zudem die 75-jährige Geisel tötete, welche sich in einem Spital befand, war schrecklich. Aber vor dem Hintergrund, dass hundert Geiseln, die gesamte Air-France-Besatzung und 239 Soldaten und Offiziere der israelischen Armee wieder sicher nach Hause kamen, muss die Operation als Erfolg gewertet werden.

Wie denken Sie heute nach über vierzig Jahren über die Befreiungsaktion? Würden Sie wieder gleich entscheiden?
Das ist eine schwierige Frage. Man muss sich aus heutiger Sicht bewusst sein, dass das Risiko sehr hoch war. Ich persönlich weiss nicht, ob es klug war, die Einsatzkräfte ohne Plan B in eine solch unberechenbare Situation zu schicken. Ich weiss nur, dass der damalige Premierminister Jitzchak Rabin sich im Klaren war, dass die Aktion auch in einem Misserfolg enden könnte. Die zentrale Frage damals war, wie man Terrorismus stoppen kann: verhandeln oder kämpfen?

Wer war Ihrer Meinung nach der grösste Held bei der Befreiung des Air-France-Flugzeuges?
Es gab deren drei. Michel Bacos, der Kapitän der Air-France-Maschine, Benny Peled, der Befehlshaber der israelischen Luftwaffe, sowie Jitzchak Rabin, der das Risiko des Scheiterns einging.

Verändert sich das Leben eines Elitesoldaten, wenn er im Kampf einen Menschen tötet?
Zum Zeitpunkt der Operation war ich 23 Jahre alt. Der einzige Gedanke war, die Geiseln zu befreien. Gedanken an den Tod hatten keinen Platz. Ich dachte zudem mehr an andere als an mich selbst. Vielleicht hängt dies mit meiner Sozialisierung zusammen. Ich bin in einem Kibbuz nahe an der syrischen Grenze aufgewachsen, der oft von der syrischen Armee beschossen wurde. Ich sah viele Menschen, die dabei getötet wurden. Die Frage nach dem Tod würde ich philosophisch beantworten. Der Tod ist Teil des Lebens. Am besten ist es natürlich, wenn der Tod erst ganz spät kommt. Denn im Leben gibt es so viel zu tun und zu erreichen.

Heute sterben wieder Menschen im Konflikt zwischen Israel und Palästina. Wird es im Nahen Osten irgendwann einmal Frieden geben?
Frieden wird es dann geben, wenn es den Führern der drei Religionen Judentum, Islam und Christentum gelingt, ihren Gläubigen Friedfertigkeit zu vermitteln.

Interview: Toni Schürmann, kirchenbote-online, 14. Juni 2018

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