Die «Bauhütte» ist ein grossartiger Erfolg
Michel Mortier beisst genüsslich in sein Stück Kuchen. Er gehört zu den Stammgästen in der «Bauhütte». «Hier bekommt man etwas ganz Seltenes: das Gefühl der Geborgenheit, Sicherheit, Mitgefühl, Verständnis und Vertrauen», sagt der 88-Jährige.
Mehrmals in der Woche ist er im Café zu Gast. In dieser Oase, mitten in der Stadt Zug, trifft er sich mit Freunden und Bekannten und kommt aber genauso oft und gern mit Fremden ins Gespräch. Eine Frau, einige Jahre jünger als er, tritt an seinen Tisch. Maria Mühlenbach und er sind zum Scrabble verabredet. Kennen gelernt haben sie sich hier, in der «Bauhütte».
Gemeinsames Projekt
Die «Bauhütte» ist ein gemeinsames Projekt der Katholischen Kirchgemeinde Zug, der reformierten Kirche Kanton Zug und der CityKircheZug. Und ein sehr erfolgreiches. Drei Jahre dauerte die Projektphase, seit gut zwei Jahren ist das Café in Betrieb. Sandra Heine ist nicht nur Projektleiterin, sondern Herz und Seele des Cafés. Für jeden Gast und jeden ihrer freiwilligen Mitarbeitenden hat sie jederzeit ein Lächeln und ein offenes Ohr.
«Sie ist die ideale Besetzung, sie hält den Laden zusammen», lobt Hans Ruedi Kilchsperger. Er ist einer der 40 Frauen und Männer, die sich freiwillig im Zweischichtbetrieb engagieren. Jeden Dienstagnachmittag hilft er im Café als Gastgeber. Seine Frau ist als Seelsorgerin tätig. Denn auch das bietet die «Bauhütte». Regelmässig stehen Seelsorgerinnen und Seelsorger der beiden Kirchen zum Gespräch zur Verfügung.
Erschwingliche Preise für alle
Sandra Heine bereitet das Mittagessen vor und serviert es einer älteren Frau. Fünf Franken kostet ein Mittagsmenü. «Wir haben erschwingliche Preise, damit es sich jeder leisten kann», erklärt Heine. Getränke und Kuchen sind für 2.50 Franken zu haben. Wer sich das nicht leisten kann, ist genauso willkommen. Gäste können spenden und andere bedürftige Gäste davon profitieren lassen.
Etwa 20 Mittagessen bereiten Sandra Heine und ihr Team täglich vor. In der «Bauhütte» besteht kein Konsumationszwang – jeder ist willkommen. «Die Bauhütte ist für alle da, egal, welcher Herkunft, Religion oder Status», stellt Sandra Heine klar.
Eine Mutter mit einem kleinen Kind im Kinderwagen betritt das Café. Sie schlängelt sich an zwei Frauen vorbei, die intensiv in ein Gespräch vertieft sind. Eine von ihnen ist Paula Kaiser. Sie ist Sozialarbeiterin der katholischen Kirche und unterhält sich mit einer ukrainischen Flüchtlingsfrau auf Englisch. Auch das bietet die «Bauhütte». Laut Heine wird das Angebot der Seelsorge und Sozialarbeit gut in Anspruch genommen.
Die Zahlen des Cafés sprechen für sich: Die Gästezahl hat sich von 2022 auf 2023 fast verdoppelt, über 9000 Gäste wurden im vergangenen Jahr gezählt. Auch das neue Jahr ist sehr gut gestartet. «Das Bedürfnis und die Nachfrage sind gross», freut sich Sandra Heine. Umso mehr freut sie sich darüber, dass die Projektphase abgeschlossen und die «Bauhütte» nun ein Regelangebot ist. «Das ist natürlich ein grossartiger Erfolg.»
Weiterausbau des Angebots
Und das Angebot wird noch weiter ausgebaut. Bald wird das Café jeden Sonntag offen haben von 12 bis 17 Uhr. Sandra Heine erklärt: «Viele Gäste erzählen uns, dass vor allem die Sonntage für sie schwer sind, weil sie dann allein sind. Darauf reagieren wir mit diesem neuen Angebot.»
Michel Mortier sitzt hochkonzentriert über dem Scrabble-Feld, als eine andere Frau an ihm vorbeigeht. Kurz blickt er auf, nickt ihr zu und grüsst sie. «Auch sie kenne ich von hier. Eine wundervolle und einmalige Sache diese Bauhütte», sagt er und senkt seinen Blick wieder aufs Spielbrett.
Die «Bauhütte» ist ein grossartiger Erfolg