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Die Bedeutung eines besonderen Feiertags

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12.09.2017
Auslaufmodell oder aktuelles, bedeutungsvolles Ereignis mit Zukunft? Das Buch «Dem Bettag eine Zukunft bereiten» sucht nach der heutigen Aussagekraft und dem Potenzial dieses Feiertags.

Das Timing stimmt. Wenige Tage vor dem eidgenössischen Dank-, Buss- und Bettag am 17. September ist das Buch «Dem Bettag eine Zukunft bereiten»auf den Markt gekommen. In ihm begeben sich die Herausgeber Eva-Maria Faber und Daniel Kosch, zusammen mit über zwei Dutzend weiteren Autorinnen und Autoren, auf eine Reise, in der sie sowohl der Geschichte wie der heutigen und der künftigen Bedeutung dieses Tags nachspüren.

Staatlich verordnet
Das Spezielle am Bettag ist, dass er der einzige Feiertag in der Schweiz ist, der vom Staat angeordnet ist. Geschichtlich gehen seine Wurzeln in verschiedenen Kantonen bis ins 16. und 17. Jahrhundert zurück. Seine besondere Bedeutung erhielt er mit der Gründung des schweizerischen Bundesstaates 1848. Nach Beendigung des Sonderbundkriegs sollte der Bettag ein Tag sein, der in der politisch und konfessionell stark fragmentierten Schweiz von den Angehörigen aller Parteiungen und Konfessionen gefeiert werden kann. Er ist damit nicht allein konfessionell begründet, sondern vor allem auch staatspolitisch basiert: Es sollte der Respekt vor dem politisch und konfessionell Andersdenkenden gefördert werden.

An der Vernissage des Buches in Zürich betonte Eva-Maria Faber, Professorin für Dogmatik und Fundamentaltheologie in Chur, mit dem Bettag eröffne «der Staat den religiösen Gemeinschaften den Raum, ihre Überzeugungen und Werte einzubringen, um die zivilisatorischen Kräfte zu stärken».Daniel Kosch, Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz der Schweiz, hob hervor, der Bettag sei heute für die verschiedenen Glaubensgemeinschaften eine «Art Testfall, ob Staat und Gesellschaft ihre Versprechen von Religionsfreiheit und Toleranz tatsächlich auch einlösen».

Gegen Angst und Hass
Die Autorschaft des Buches ist bunt gemischt: von Theologinnen über Historiker, von Religionswissenschaftlerinnen über Politiker reicht die Palette. Die Zürcher Regierungsrätin Jacqueline Fehr hat den Beitrag im Buch «Angst und Hass entgegentreten» verfasst. Darin schreibt sie von der Angst, die sich heute sogar an harmlosen Symbolen wie Kopftüchern und Bärten festmache. Solchen Ängsten müssten sich Politik und Kirche, Staat wie Religionsgemeinschaften gemeinsam entgegenstellen. Die Schweiz sei heute politisch wie konfessionell so vielfältig, dass man den Respekt vor politisch wie konfessionell anders Denkenden gezielt fördern und pflegen müsse. Der Bettag, so Fehr an der Buchvernissage, sei eingeführt worden zur Besinnung auf das Miteinander, auf des Gemeinsame. «Die Idee dieses Tages, nämlich die der interkonfessionellen, interpolitischen und der interreligiösen Zusammengehörigkeit wollen wir weiterhin pflegen».

Innehalten, nachdenken
In anderen Beiträgen im Buch nehmen prominente Stimmen Standortbestimmungen vor, die der Praxis des Bettags neue Impulse geben, und dies gerade vor dem Hintergrund wachsender religiöser Vielfalt. Michel Bollag, bis 2017 Fachleiter am Zürcher Institut für interreligiösen Dialog, beleuchtet den Bettag aus jüdischer Sicht, die Islamwissenschaftlerin Rifa’at Lenzin tut dies aus muslimischer Sicht. Nationalrätin Barbara Schmid-Federer ordnet den Bettag in der politischen Landschaft der Schweiz ein. Mariano Tschuor von der SRG-Generaldirektion reflektiert darüber, was der Bettag mit der aktuellen Asyldebatte zu tun hat, Franziska Loretan-Saladin von der Theologischen Fakultät der Universität Luzern beleuchtet, welchen Beitrag der Bettag als Tag des Innehaltens und der Besinnung auf verbindende Normen und Werte zur Integration leisten kann. Hugo Fasel und Odilo Noti von Caritas sehen den Wert des Bettags darin, über die wachsende Ungleichheit der Vermögen und Einkommen in der Schweiz und der damit wachsenden Bedrohung des sozialen Friedens nachzudenken.

Stefan Schneiter, reformiert.info, 12. September 2017

Buchtipp: «Dem Bettag eine Zukunft bereiten. Geschichte, Aktualität und Potenzial eines Feiertags», Eva-Maria Faber, Daniel Kosch (Hrsg.), Theologischer Verlag Zürich 2017, ca. Fr. 24.80

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