Baselland, Basel-Stadt, Luzern, Schaffhausen, Schwyz, Solothurn, Uri, Zug

«Die grösste Herausforderung ist der Mitgliederschwund»

min
28.10.2022
Nach 27 Jahren Engagement für die reformierte Kirche ist der Basler Jurist Hans-Jörg Kundert aus der Kirchenexekutive zurückgetreten. Der Kirchenbote hat sich mit ihm über die Veränderungen in dieser Zeit unterhalten.

Der Text auf der Fussmatte vor dem Zuhause von Hans-Jörg Kundert spricht Klartext und beschreibt die familiäre Hierarchie unmissverständlich: «DER HUND wohnt hier mit seinem Personal.»

Für seinen Chef auf Erden wird der 71-jährige promovierte Jurist und siebenfache Grossvater Kundert künftig etwas mehr Zeit haben. Gleiches gilt für seine Frau. «Wir freuen uns, wenn wir in nächster Zeit vermehrt unseren Rückzugsort in den Waadtländer Alpen besuchen können und den Ruhestand geniessen dürfen», sagt Kundert. «Dank WLAN werde ich auch von dort mit der Welt verbunden bleiben», fügt er mit einem Schmunzeln an.

Beim Kirchenboten engagiert
Nach 16 Jahren in der Synode und weiteren 11 Jahren im Kirchenrat ist Hans-Jörg Kundert im Sommer von allen seinen kirchlichen Ämtern zurückgetreten. Einzig in der Geschäftsleitung des interkantonalen Kirchenboten wird er noch bis Ende 2022 interimistisch verbleiben. Dies, weil die Wahl seiner Nachfolge erst an der Generalversammlung im Frühjahr 2023 durch die Delegierten erfolgen kann. «Für den Kirchenboten steht sowohl im Print als auch im Online ein Relaunch an, was für meine Nachfolgerin oder meinen Nachfolger im Amt eine spannende Aufgabe werden dürfte», erklärt Kundert.

Gerne erinnere er sich auch an die Initiative aus dem Kreis der Synode, die bewirkte, dass sich der Kirchenbote Basel-Stadt seit bald drei Jahren wie andere kantonale Ausgaben auch auf 16 Seiten statt 12 Seiten präsentiert. Eine Ausweitung, die grossen Anklang findet.

Verfassung erfolgreich revidiert
Von 1995 bis 2011 war Hans-Jörg Kundert Mitglied der Synode und übernahm in dieser Zeit verschiedene Funktionen. So war er viele Jahre Präsident der Geschäftsprüfungskommission und von 1997 bis 1999 Statthalter und anschliessend bis 2001 Präsident der Synode.

In seiner letzten, vierten Amtsperiode wählte ihn die Synode zum Präsidenten der synodalen Verfassungskommission. Diese Kommission trug entscheidend dazu bei, dass die Synode mit einer umfassenden, letzten Teilrevision die alte Kirchenverfassung von 1911 dem aktuellen Stand der Gesetzgebung und der gelebten Praxis angleichen konnte.

Spannende Arbeit in der Exekutive
In der Abstimmung sagte das Kirchenvolk ja zur neuen Verfassung, nachdem es zuvor eine andere, überladene Vorlage abgelehnt hatte. «Mit meiner Wahl in den Kirchenrat im Jahr 2011 hat mir die Synode die Möglichkeit eröffnet, Mitglied einer Exekutivbehörde zu sein. Diese Erfahrung in der Exekutive hatte mir bis anhin noch gefehlt. Die 11 Jahre in der Regierung unserer Kirche waren für mich sehr spannend und lehrreich», sagt Kundert. «Die zahlreichen Begegnungen mit interessanten Menschen möchte ich nicht missen.»

In seinen beruflichen Funktionen hatte Kundert während 35 Jahren als Jurist beim Bund und danach in zwei Kantonen gearbeitet und den grössten Teil der Zeit als Staatsanwalt Strafuntersuchungen geführt.

Selbständig als Treuhänder
Nach der Pensionierung eröffnete Kundert mitten in Kleinbasel bei der Claramatte ein Treuhandbüro und baute sich mit seinem kleinen Betrieb während 10 weiteren Jahren eine treue Klientel auf. Ende 2021 gab er sein berufliches Engagement vollständig auf.

Den Religionsunterricht fördern
Mit Freude habe er stets alles gegeben, um sein Ressort Religionsunterricht allen gesellschaftlichen Gegenströmungen zum Trotz über 2025 hinaus an den Schulen halten zu können. «Wir sind da in einem Prozess, in dem es darum geht, den Kanton zu überzeugen, dass die Schule und die ökumenisch auftretenden Kirchen noch enger zusammenarbeiten müssen. Damit auf beiden Seiten die Lernziele gemäss den Lehrplänen bei hoher Qualität erreicht und mit den gewonnenen Synergien Ressourcen gespart werden können, bedarf es unbedingt dieser Kooperation zwischen Staat und Kirchen.»

Kooperation mit dem Staat
Das Treffen vor ein paar Monaten mit Regierungsrat Conradin Cramer, dem Vorsteher des Erziehungsdepartements, sei ermutigend verlaufen. Regierungsrat Cramer habe als Folge des Gesprächs eine Arbeitsgruppe Kirche-Staat eingesetzt und diese beauftragt, bis im nächsten Jahr die Zusammenarbeit zwischen Kirche und Staat an den Schulen für die Zeit ab 2025 zu regeln. Damit bestünden gute Aussichten, dass die Kirchen trotz ihrer rückläufigen Finanzen über 2025 hinaus an den Schulen werden bleiben können.

Von der Volkskirche zur Mitgliederkirche
«Die grösste Herausforderung der Basler Kirche bleibt aber weiterhin der permanente Mitgliederschwund und die damit prekärer werdende Finanzsituation im Allgemeinen», erklärt Hans- Jörg Kundert. Die Basler Kirche wandle sich von einer Volkskirche zu einer Mitgliederkirche, die sich nach ihrem Selbstverständnis auch in Zukunft als öffentlich-rechtlich anerkannte Körperschaft verstehen und für alle offen sein möchte.

Die Bedeutung von Drittmitteln
«Um diesem Anspruch gerecht werden zu können, werden wir weiterhin und noch vermehrt Drittmittel generieren müssen. Nur so werden wir mit weniger Kirchensteuereinnahmen das breite kirchliche Angebot aufrechterhalten können. Da wird nicht nur der Kirchenrat gefordert sein, sondern auch die Synode.»

Toni Schürmann

Unsere Empfehlungen

Mitglied sein oder nicht

Mitglied sein oder nicht

Die digitale Grossgruppen-konferenz der Reformierten Kirche des Kantons Luzern hat sich innert kurzer Zeit zu einem nationalen Event etabliert. Über 200 Teilnehmende aus allen Regionen und Bereichen nahmen teil und diskutierten über das Mitgliedsein.
Den Wandel meistern

Den Wandel meistern

Am 30. April stimmen die Mitglieder der Evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt über die Totalrevision der Kirchenverfassung ab. Für deren Annahme braucht es eine Zweidrittelmehrheit.