Kirchenaustritte und schwindende Finanzen. Die Zukunft der Volkskirchen scheint nicht rosig. Elisabeth Weymann und Lysander Jakobi sind trotzdem hoffnungsvoll. In ihrem Vikariat haben sie erlebt , wie sehr Pfarrerinnen und Pfarrer auch heute gefragt sind. Sei es am Grab, bei den Abdankungen, im seelsorgerlichen Gespräch oder in der Kaffeestube. «Wir haben als Pfarrer einen grossen Vertrauensvorschuss. Die Leute freuen sich auf uns», sagt Weymann. Mitte August endet das Vikariat von Elisabeth Weymann und Lysander Jakobi mit der Ordination in Losdorf. Feierlich geloben dann die beiden in Anwesenheit des Synodalrates der Kantonalkirche, dem Wort Gottes zu folgen. Sie tragen ab dann den Titel VDM. Für sie ist das kein Lippenbekenntnis. Das Evangelium durchdringe alle Bereiche des -Lebens, ist Jakobi überzeugt.
«Klassisches Berufungserlebnis»
Jakobi, der in Breitenbach aufgewachsen ist, hat sein Vikariatsjahr in der Kirche St. Jakob in Basel absolviert. Er wird seine erste Pfarrstelle im zürcherischen Niederhasli antreten.
Obwohl die Eltern beide Theologen sind, war Jakobi der Pfarrberuf nicht in die Wiege gelegt. «Im Gegenteil», erklärt der 28-Jährige. «Das hielt mich eher ab, ich wollte nicht das Gleiche wie sie tun.»Er war bereits für das Wirtschaftstudium angemeldet. Doch dann hatte Jakobi ein «klassisches Berufungserlebnis», wie er dies bezeichnet. Während eines Auslandaufenthaltes betreute er in New York Kinder, die ohne Väter aufwuchsen. Drogen, Bandenkriminalität und Arbeitslosigkeit bestimmen den Alltag in den Sozialwohnungen des heruntergekommenen Viertels. Als Jakobi diese Kinder sah, wurde ihm klar, dass er sein Leben nicht mit dem Anhäufen von Kapital verbringen wollte, er wollte den Menschen helfen. Jakobi studierte Theologie an der STH in Riehen, büffelte Hebräisch, Griechisch und Latein und vertiefte sich in die Bibel. «Es war hart», sagt er, «die Erinnerung an meine Berufung half mir, das Studium durchzuhalten.»
Vertrauen weitergeben
Auch Elisabeth Weymann fand über Umwege zum Pfarrberuf. Die 31-Jährige wuchs in Genf auf, wo ihre Mutter ein Pfarramt hatte. Seit zwei Jahren lebt sie in Trimbach. Sie interessierte sich von Kindesbeinen an für Theologie. «Wie kann der Heilige Martin von Tours heilig sein, wenn er Soldat ist?», fragte sie als Fünfjährige ihre Mutter. Der Beruf Pfarrerin kam für sie trotzdem lange nicht infrage.
Nach der Matura wollte Weymann Medizin studieren, war aber «naturwissenschaftlich zu wenig affin», erzählt sie. Sie studierte Theologie in Genf, besuchte dann aber die Pädagogische Hochschule in Liestal und merkte, das war nichts für sie. Schliesslich schrieb sich Elisabeth Weymann an der Theologischen Fakultät in Basel ein. In Glaubensfragen sei sie heute sicherer geworden. «Glauben ist nicht Wissen, sondern Vertrauen», sagt sie. Und dieses Vertrauen will sie weitergeben.
Jakobi und Weymann reden über ihren Glauben mit entwaffnender Offenheit. Sie zitieren Bibelstellen, sprechen vom Evangelium, von der Gnade, von der Botschaft, die das Zentrum bilde, und von der Auferstehung Christi, welche die reformierte Kirche zu wenig betone.
Profil zeigen
Lysander Jakobi will den Glauben thematisieren und Profil zeigen. Es nervt ihn, wenn «man alles harmonisiert». Er ist überzeugt, dass die Volkskirche Zukunft hat. Heute würden die Kirchgemeinden stark von der Frage der Finanzen und des Sparens dominiert. Die Realpolitiker hätten das Sagen. Doch Kirche baue auch auf Gottvertrauen und Visionen auf. Glaube sei immer ein Wagnis. «Als Kirche haben wir verlernt, dieses Risiko einzugehen, Gott zu vertrauen und freudig Neues zu wagen», sagt Jakobi. Mit dieser Freude will er «Gott und den Menschen dienen». Auch für Elisabeth Weymann hat die Kirche «eine gute Zukunft: Die Kirche ist alt, aber noch lange nicht veraltet, wenn sie die Kraft aus dem Evangelium schöpft.»
Tilmann Zuber / 28.6.2018
Ordinationsgottesdienst, 12. August, 10 Uhr, reformierte Kirche Lostorf
«Die Kirche ist alt, aber noch lange nicht veraltet»