«Die Kirche ist eine Mahnerin für die Idee von Gerechtigkeit»
Der Eidgenössische Dank-, Buss- und Bettag ist ein konfessionsübergreifender Feiertag, der das Ziel hat, auch auf staatspolitischer Ebene Respekt innerhalb der Gesellschaft zu fördern. Im jährlichen Mandat wird der Bettag aktuell begründet. Dieses Jahr betont das Schreiben aktives Aufeinander-zugehen und gegenseitiges Engagement – in der Kirche, in der Nachbarschaft und in der Familie.
Vor allem Jugendliche sind betroffen
«Vielen Menschen in der Schweiz geht es nicht gut», schreiben Regierungspräsidentin Monica Gschwind und Landschreiberin Elisabeth Heer Dietrich in dem von ihnen unterzeichneten Bettagsmandat. «Gerade Jugendliche kämpfen mit Orientierungslosigkeit, Einsamkeit und psychischen Problemen.» Die öffentliche Diskussion rund um das Thema helfe, Betroffene zu entlasten.
«Kinder und Jugendliche leben seit bald zehn Jahren in einer Dauerkrise.» So die im Mandat zitierte Psychotherapeutin Susanne Walitza. Allein im vergangenen Jahr sei die Zahl der betroffenen Jugendlichen von 20 auf 30 Prozent gestiegen. Kein Wunder: Führen doch Klimakrise, Pandemie, Inflation sowie das geopolitische Weltklima unweigerlich zu Doomscrolling und im schlimmsten Fall zu einer kaum enden wollenden Weltuntergangsstimmung. Während die schlechten Nachrichten in ihrer Tendenz zunehmen, werden die Therapieplätze indes immer weniger.
Psychische Gesundheit war immer schon eine Angelegenheit der Kirchen – und ist es in Anbetracht der Zahlen heute erst recht. «Wenn wir unsere bewährte Konkordanzdemokratie und unsere Gesellschaft stärken wollen, dann müssen wir alle zum Zentrum, zur Ausgewogenheit, Sorge tragen», schreibt die Autorin. Die Stärkung des Ausgleichs sei nicht nur die Aufgabe der Kirche, sondern deren Chance.
Für mehr soziale Arbeit in der Kirche
Der Regierungsrat plädiert im diesjährigen Bettagsmandat für ein erhöhtes kirchliches und politisches Engagement und die dezidierte Stellungnahme gegen eine wachsende gesellschaftliche Individualisierung. Er betont dabei die Bedeutung sozialer Institutionen wie Gewerkschaften, Verbände und Parteien, aber auch der Familie und der Kirche.
Die Kirche sei sowohl Ratgeberin in ethischen Belangen wie auch Förderin des sozialen Engagements. Dass sie in diesen beiden Funktionen bis heute anerkannt und genutzt wird, hat jüngst eine Studie der Landeskirchen und der Fachhochschule Nordwestschweiz bestätigt. 2326 soziale Angebote stehen den Baselbietern und Baselbieterinnen insgesamt zur Verfügung, die meisten davon, nämlich 695, richten sich an Kinder und Jugendliche. «Religion und Kirche betten den Staat in ein grösseres Ganzes ein. Die Kirche ist eine Mahnerin für die Idee von Gerechtigkeit – und eben Ausgleich.»
«Die Kirche ist eine Mahnerin für die Idee von Gerechtigkeit»