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Hugenotten- und Waldenserweg im September fertig ausgeschildert

Die letzte Etappe ist erreicht – nun folgt «La Grande Fête»

von Adriana Di Cesare-Schneider
min
12.06.2023
Nach jahrelanger Vorarbeit ­findet die Ausschilderung der «Europäischen Kulturroute» im September ihren Abschluss. Das wird rund um den Hugenotten- und Waldenserweg Aarau–Zürich–Schaffhausen gross gefeiert.

Unter dem französischen König Ludwig XIV. und seinem Neffen Viktor Amadeus II., Herzog von Savoyen, gab es schwere Verfolgungen in Frankreich und im Piemont. Ihr Leitsatz «Ein König, ein Reich, eine Religion!» duldete keinen reformierten Glauben. Zehntausende mussten fliehen. Die «Europäische Kulturroute» führt auf den Spuren der Hugenotten und der Waldenser von Südfrankreich und Norditalien über die Schweiz bis nach Deutschland.


Gegen das Vergessen

Zwischen Schaffhausen-Herblingen und Thayngen führt der Hugenotten- und Waldenserweg zurück in eine Vergangenheit, die auch heute noch aktuell ist. «Der Weg soll dazu inspirieren, über die Glaubensfreiheit nachzudenken und darüber, was es bedeutet, auf der Flucht zu sein», sagt Doris Brodbeck, Präsidentin des Hugenotten- und Waldenserwegs Aarau–Zürich–Schaffhausen. Vor 330 Jahren war Herblingen Durchgangsort für Tausende Glaubensflüchtlinge aus Frankreich und dem Piemont. «Im Jahr 1688 herrschte hier ein grosses Flüchtlingselend, 9000 Menschen kamen nach Schaffhausen, die verarztet und für die Weiterreise ausgerüstet werden mussten.»

Der Weg soll dazu inspirieren, über die Glaubensfreiheit nachzudenken und darüber, was es bedeutet, auf der Flucht zu sein.

Der Verein setzt sich dafür ein, dass das Schicksal dieser Glaubensflüchtlinge nicht in Vergessenheit gerät. Wegbeschreibungen, Karten, Fotos und historische Informationen bilden die Grundlage für die Gedenktafeln auf dem Erinnerungsweg. Von Juni bis September weisen an vielen Orten Filmvorführungen, geführte Wanderungen und Vorträge auf die Erschliessung der letzten Etappe der «Europäischen Kulturroute» hin.

Den Auftakt macht am 24. Juni ein Referat zum Hugenotten- und Waldenserweg im alten Rathaus in Brugg. In Lenzburg wird am 19. August ganztätig das 10-Jahr-Jubiläum des regionalen Hugenottenwegs gefeiert. Am 20. August führt der Historiker Laurent Auberson auf einem Hugenottenstadtrundgang durch Schaffhausen, und wer sich auf eigene Faust auf Spurensuche begeben möchte, kann das mittels virtueller Schnitzeljagd durch die Munotstadt tun.

 

Thema brandaktuell

Der Film «pluss.huguenots» feierte seine Premiere letztes Jahr in Stein am Rhein mit grossem Erfolg. Am 17. September ist er im Kino Kiwi Schaffhausen erneut zu sehen. Für den Film hat Markus Plüss seine Familiengeschichte recherchiert. Um das Jahr 1550 mussten die Brüder Hans und Jakob Plüss die Flucht aus Nîmes ergreifen, weil sie wegen ihres protestantischen Glaubens verfolgt wurden. Der Dokumentarfilm besteht inhaltlich aus zwei Teilen: Zunächst geht es um den Fluchtweg, der auf Pfaden und teilweise auf dem Wasserweg von Südfrankreich bis zur Schweizer Grenze und von dort nach Aarburg führte.

 

Im zweiten Teil widmet sich Plüss dem Lebensweg über mehrere Generationen. «Als ich noch ein Kind war, hat man mir immer gesagt, Plüss sind Hugenotten. Irgendwann ist mir klar geworden: Wenn wir Hugenotten sind, dann sind wir auch Flüchtlinge», so der Filmemacher, dem es wichtig war, Parallelen zur heutigen Zeit aufzu­zeigen. «Zwei Tage vor der Premiere des Films brach der Ukrainekrieg aus. Noch heute flüchten unzählige Menschen in fremde Länder. Das ist ein brandaktuelles Thema, das die Gesellschaft verändert.» Doris Brodbeck ergänzt: «Die Hugenotten haben viele Errungenschaften mitgebracht, weil sie technisch und handwerklich versiert waren, zum Beispiel im Bereich des Textilgewerbes, der Goldschmiedekunst und der Uhrenmanufakturen. Und die Waldenser brachten die Kartoffeln auf den Tisch. Auch heute können wir viel von fremden Kulturen lernen, die in unser Land kommen.»

 

La Grande Fête

Am 24. September findet schliesslich «La Grande Fête» in Thayngen statt, ein grosses Fest mit internationaler Beteiligung und offiziellem Festakt. Es beginnt mit einer Wanderung an die grüne Grenze zwischen Barzheim und Deutschland. «Dort treffen der deutsche und der Schweizer Waldenser- und Hugenottenweg zusammen. Dieser Ort ist mit einer Informationstafel gekennzeichnet, die dann enthüllt wird», erklärt Vereinsmitglied und Organisatorin Regula Küpfer. Nach dem Mittagessen im Reckensaal singt der Waldenserchor aus dem Piemont. Der Abschluss in der Kirche Thayngen führt schliesslich zu den theologischen Wurzeln der Hugenotten- und der Waldenserbewegung zurück. Für die Abschlussfeier ist eine Voranmeldung nötig.

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