«Die reformierte Kirche braucht eine klare und positive Haltung»
Barbara Steiner, was bewegt Sie dazu, an der Pride Zentralschweiz teilzunehmen?
Es ist mir ein persönliches Anliegen, da ich der Meinung bin, dass die Kirche sich durchaus engagieren und zeigen darf, vielleicht sogar muss. Aber ich bin überzeugt, dass wir Farbe bekennen dürfen und müssen, gerade bei einem Anlass, der nicht so eng mit der Kirche in Verbindung gebracht wird. Ich möchte zeigen, dass wir queeren Menschen gegenüber positiv eingestellt sind.
Inwiefern sehen Sie die Unterstützung von queeren Menschen als Teil Ihres kirchlichen Auftrags?
Als Kirche haben wir den Auftrag, für alle Menschen da zu sein, besonders für marginalisierte und diskriminierte Gruppen. Jesus hat sich auch nicht zu den Bessergestellten gesinnt, sondern gerade zu den anderen. Und das müssen wir als Kirche nach wie vor tun. Es ist wichtig, präsent zu sein und den Menschen die Hand zu reichen, die nicht immer voll in der Gesellschaft akzeptiert werden.
Wie begegnen Sie Menschen, die mit der Bibel oder den «traditionellen christlichen Werten» gegen queere Menschen argumentieren?
Wir müssen klar dagegenstehen. In der Bibel steht so viel, und oft werden wenige Halbsätze aus dem Kontext gerissen. Im Kontext gesehen kann man kaum mit der Bibel gegen queere Menschen argumentieren. Das wichtigste Gebot ist die Nächstenliebe. Und mit der Nächstenliebe gegen queere Menschen zu argumentieren, geht nicht.
Wie trägt die Kirche zur Diskriminierung von queeren Menschen bei, und was können wir dagegen tun?
Die Kirche trägt zur Diskriminierung bei, indem es aus verschiedenen Ecken heisst, queer zu sein, sei eine Sünde. Das finde ich sehr schwierig. Diskriminierung ist keine Meinung, und queere Menschen werden in unserer Gesellschaft diskriminiert. Wir müssen einladen, offen sein und Menschen so sehen und nehmen, wie sie sind. Das ist die Grundlage. Wenn uns das gelingt, dann können wir eine Kirche für alle sein.
Welche Haltung wünschen Sie sich von der reformierten Kirche zu queeren Menschen?
Ich wünsche mir eine klare, positive Haltung. Dass die reformierte Kirche sagt: So, wie Menschen geschaffen sind, sind sie gut geschaffen. Queer zu sein, ist keine Krankheit und kein Grund, Menschen zu diskriminieren. Jesus sagt: «Liebe Gott und liebe deinen Nächsten wie dich selbst.» Dann können wir schlecht sagen: «Nein, die nicht!»
Welche Botschaft möchten Sie als Pfarrerin durch Ihre Teilnahme an der Pride vermitteln?
Einerseits möchte ich den queeren Menschen vermitteln, dass sie in der Kirche willkommen sind. Gott freut sich, wenn sie in die Kirche kommen. Und ich mich auch. Ich kann nicht für die gesamte reformierte Kirche sprechen, aber zumindest für mich. Ich freue mich, wenn sie eine Verbindung zur Kirche haben und keine Angst davor haben müssen, verletzt zu werden. Die zweite Botschaft geht an alle anderen: Es ist nicht schlimm, es sind keine bösen Menschen, sie machen nichts falsch, wollen uns nichts wegnehmen. Es geht nur um Liebe, und diese ist für alle da. Gott hat genug Liebe für alle.
Die Luzerner Kirchensetzen an der Pride Zentralschweiz einen regenbogenfarbenen Akzent. Die reformierte, die katholische und die christkatholische -Kirche laden zu einem ökumenischen Gottesdienst ein. Dieser findet statt am Sonntag, 1. September, um 14 Uhr in der Peterskapelle in Luzern.
Mit dabei sind Meinrad Furrer, katholischer Leiter Team Peterskapelle, Barbara Steiner, reformierte Pfarrerin, und Adrian Suter, christkatholischer Pfarrer. Nach dem Gottesdienst gibt es einen Apéro. Während der Pride Zentralschweiz finden verschiedene ökumenische Veranstaltungen statt, die sich mit queeren Themen
und Fragestellungen befassen.
Mehr Infos unter: reflu.ch oder pride-zentralschweiz.ch
«Die reformierte Kirche braucht eine klare und positive Haltung»