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Rekrutierung von Freiwilligen

Die schwierige Suche nach der Kirchenleitung

von Carmen Schirm-Gasser
min
25.09.2024
Worauf kommt es heute an, um Freiwillige in der Kirche zu gewinnen, gerade auch für den Kirchenstand? Warum sind die Herausforderungen für Kirchenstandsmitglieder grösser geworden, gleichzeitig aber auch die Unterstützung? Eine Tagung zur Freiwilligenarbeit gibt Antworten.

Freiwilligenarbeit ist das Herzstück jeder Gemeinschaft. Vereine und Institutionen sind darauf ebenso angewiesen wie die Kirche. In den vergangenen Jahren wurde es zunehmend schwieriger, Freiwillige zu rekrutieren, gerade auch für die Nachbesetzung des Kirchenstands. Dieser hat mit der Verwaltung und Leitung einer Kirchgemeinde eine zentrale Aufgabe inne. Dazu gehören die Aufsicht über die Finanzen, die Vertretung der Kirchgemeinde nach aussen und übergeordneten, kirchlichen Strukturen sowie die Anstellung von Pfarrerinnen und Pfarrern.

Die Herausforderungen für Kirchenstandsmitglieder sind heute vielschichtiger als noch vor ein paar Jahren.

«Die Tätigkeiten und Anforderungen an den Kirchenstand haben sich in den vergangenen zwei, drei Jahren verändert», sagt Kirchenrätin Cornelia Busenhart, verantwortlich für Kirchenentwicklung. «Die Herausforderungen für Kirchenstandsmitglieder sind heute vielschichtiger als noch vor ein paar Jahren. Der Anspruch ist nicht nur, dass sie Verwaltungsaufgaben übernehmen, sondern sich zudem an der Weiterentwicklung der Kirche beteiligen.» Dazu gehöre, das Profil der Kirche zu schärfen, die Zusammenarbeit mit dem Kirchenstand und der Kirchgemeinde in der Nachbarschaft zu intensivieren, in Veränderungsprozessen agieren zu können, flexibel denken und Präsidien leiten zu können.»

Klar ist: Das Anforderungsheft ist umfangreich geworden. Genügte früher noch die Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft und grundsätzliches Interesse, das Amt zu übernehmen, reichen diese Voraussetzungen heute nicht mehr. «Wir wünschen uns, dass Kirchenstandsmitglieder berufliche Kompetenzen mitbringen, die sie einsetzen können», so Cornelia Busenhart.

Es liegt an uns darzustellen, dass Freiwilligenarbeit nicht nur Aufwand bedeutet, für einen guten Zweck, sondern sich die Freiwilligen auch selbst entwickeln können.

Beraterteam kann genutzt werden

Doch nicht nur die Anforderungen sind gestiegen. Gleichzeitig wurde die fachliche Unterstützung für (neue) Kirchenstandsmitglieder ausgebaut. Dafür leitete die Landeskirche in den vergangenen Jahren verschiedene Initiativen in die Wege. So kann im Kanton Schaffhausen kostenlos ein Beraterteam in Anspruch genommen werden. Acht Kirchgemeinden nutzen aktuell dieses Angebot der Kantonalkirche. Zudem wurde der Druck für die Suche nach neuen Kirchenständen reduziert. In einem engen Korsett schreibt die Kirchenordnung vor, dass der Kirchenstand einer Kirchgemeinde aus einem fünfköpfigen Team bestehen soll. Dieser Passus wurde kürzlich in einem Synodebeschluss über den Experimentierartikel aufgeweicht. Die Kirchgemeinden dürfen sich bei der Nachbesetzung von Kirchenstandsmitgliedern Zeit nehmen. Der Effekt dieser Neuerung ist mittlerweile spürbar: «Viele Kirchgemeinden tun sich heute mit der Nachbesetzung leichter als früher», so Cornelia Busenhart. Auch weil der Druck herausgenommen worden sei. «Die Kirchgemeinden finden wieder Freiwillige für den Kirchenstand, wenn die Angesprochenen merken, dass es eine Chance für alle Beteiligten ist, da sie mitgestalten dürfen und sich dabei auch selbst entwickeln können.

Wenn man Leute gewinnen will, sollte man ihnen glaubwürdig und ehrlich vermitteln, wie ihre Tätigkeit aussehen wird.

Samuel Steiner, Geschäftsleiter von Benevol Aargau, beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit dem Thema Freiwilligen-Rekrutierung. «Ich wehre mich gegen die verbreitete Ansicht, dass heute keine Freiwilligen mehr gefunden werden können.» Allerdings müssten sich Vereine und Kirchgemeinden den Bedürfnissen der Freiwilligen anpassen. An einem Weiterbildungsmorgen am 21. September gab er interessierten Zuhörern zahlreiche Informationen und Tipps, wie Kirchgemeinden bei Rekrutierungen von Kirchenstandsmitgliedern und anderen Freiwilligen vorgehen können.

Einstieg mit kurzfristigen Projekten

«Wenn man Leute gewinnen will, sollte man ihnen glaubwürdig und ehrlich vermitteln, wie ihre Tätigkeit aussehen wird», sagt Samuel Steiner. Einfach zu sagen, es gäbe nicht viel zu tun, wäre unfair. Denn erstens stimme das nicht, zudem würde niemand gerne angelogen. In der Tat ist es jedoch gar nicht so einfach, den tatsächlichen Aufwand abschätzen zu können. Dieser hängt unter anderem davon ab, wie viele Sitzungen der Kirchenstand abhält. Häufig sind es sechs Sitzungen im Jahr. Müssen spezielle Geschäfte behandelt werden, wie etwa die Suche nach einer neuen Pfarrperson, können es auch wesentlich mehr sein. Samuel Steiners Vorschlag: abtretende oder ehemalige Kirchenstandsmitglieder aufzubieten. Sie könnten glaubhaft darstellen, welchen Sinn sie in ihrer Freiwilligenarbeit sahen und wie hoch der Zeitaufwand sei.«Es liegt an uns darzustellen», sagt Cornelia Busenhart, «dass Freiwilligenarbeit nicht nur Aufwand bedeutet, für einen guten Zweck, sondern sich die Freiwilligen auch selbst entwickeln können.»

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