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«Die vorgeschlagene Lösung ist einfach, sicher und kostengünstig»

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24.04.2019
Am 19. Mai entscheiden die Basler Stimmberechtigten, ob der Kanton Basel-Stadt künftig im Auftrag der öffentlich-rechtlich anerkannten Basler Kirchen die Steuern einziehen darf. Der Kirchenbote unterhielt sich dazu mit Pfarrer Lukas Kundert, Kirchenratspräsident der Evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt.

Interview Toni Schürmann

Herr Kundert, am 19. Mai findet eine für die Basler Kirchen entscheidende Abstimmung statt. Was passiert, wenn die Vorlage abgelehnt wird?

Lukas Kundert:Dann müssten die drei Kirchen und die Israelitische Gemeinde Basel (IGB) eine eigene Steuersoftware programmieren lassen und eine Art kirchliches Steuerzentrum betreiben. Dafür müssten sie viel Geld investieren. Die Kirchen und die IGB rechnen mit einmaligen Kosten für die Programmierung in der Höhe von etwa 880‘000 Franken und mit jährlich wiederkehrenden Kosten für den Betrieb des Steuerzentrums und die Abstimmung mit dem Kanton von rund 850‘000 Franken.Für die Evangelisch-reformierte Kirche und die Römisch-Katholische Kirche wäre eine Ablehnung eine schwere, finanzielle Belastung. Ein Nein an der Urne würde die Israelitische Gemeinde Basel und die Christkatholische Gemeinde gar in arge Bedrängnis bringen. Sie wären in ihrer Existenz gefährdet.

Warum können die Kirchen im Kanton Basel-Stadt die Steuern nicht wie bisher selber berechnen und einziehen?

Der Grund ist banal: Zwölf Deutschschweizer Kantone, die mit derselben Steuersoftware arbeiten, werden das Programm aktualisieren. Mit der neuen standardisierten Steuersoftware können die öffentlich-rechtlich anerkannten Kirchen im Kanton Basel-Stadt die Kirchensteuern nicht mehr wie bisher beim Kanton berechnen lassen und dann selber einziehen. Der Kanton Basel-Stadt hat sich deshalb bereit erklärt, dass er die Kirchensteuern für die Kirchen zusammen mit den Kantonssteuern in Rechnung stellt. 

Wie läuft der Steuereinzug in den anderen Kantonen?

Die Lösung, dass der Kanton für die Kirchen die Steuern in Rechnung stellt, ist in allen anderen Deutschschweizer Kantonen seit Jahren üblich. Sie ist einfach, sicher und kostengünstig.

Warum dürfen die Kirchen überhaupt Steuern einziehen?

Das wird in der Verfassung des Kantons Basel-Stadt so geregelt. Der Kanton gibt den drei öffentlich-rechtlich anerkannten Kirchen und der IGB das Recht, Steuern einzuziehen. Auf der anderen Seite erbringen die Kirchen gemeinnützige Arbeit im sozialen und kulturellen Bereich, von der die ganze Gesellschaft profitiert, unabhängig davon, ob jemand nun reformiert, katholisch, Muslim oder aus der Kirche ausgetreten ist. Dies haben in der Debatte im Grossen Rat erfreulicherweise viele Parlamentarierinnen und Parlamentarier explizit hervorgehoben und bestätigt.

Sind in Basel Kirche und Staat nicht getrennt?

Selbstverständlich sind Kirche und Staat in Basel getrennt, und das bleibt auch so. Es geht hier nicht um eine inhaltliche, sondern um eine technische Frage. Es gibt Berührungspunkte zwischen Kirche und Staat. Einer davon ist der Steuereinzug: Der ist nur in Zusammenarbeit mit dem Kanton möglich, weil nur der Kanton die Informationen darüber erhebt, wie viele Steuern jemand bezahlt.

Die Gegner der Vorlage behaupten, dass nun Kirche und Staat damit näher zusammenrücken?

Nein, Kirche und Staat bleiben weiterhin getrennt. Seit 1951 erfolgt die Erhebung der Kirchensteuern mit den technischen Lösungen der Steuerverwaltung. Weil die Steuerverwaltung nun ihre Software erneuert und standardisiert, ist das künftig nicht mehr möglich ist. Die mit Abstand günstigste und sicherste Lösung ist es, den Steuereinzug an die Steuerverwaltung zu delegieren. Die Kirchen vergüten dem Staat den dabei entstehenden bescheidenen Mehraufwand im Rahmen von einigen tausend Franken.

Welche Konsequenzen hat eine Annahme der Vorlage?

Eine Annahme hat nur für die Mitglieder der vier öffentlich-rechtlich anerkannten Kirchen Konsequenzen. Alle anderen Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons sind nicht betroffen. 

Was bedeutet dies konkret?

Die Mitglieder der drei Kirchen der IGB erhalten keine separate Kirchensteuerrechnung mehr. Die Kirchensteuer kann künftig zusammen mit den Kantonalen Steuern bezahlt werden. Und allfällige Akonto-Zahlungen werden künftig auch an die Kirchensteuer angerechnet. 

Ist der Datenschutz gewährleistet, wenn die Steuerverwaltung die Kirchensteuern einzieht?

Der Datenschutz ist besser gewährleistet als heute, da die Kirchen keinen Zugriff auf die persönlichen Verhältnisse mehr erhalten, sondern lediglich über die Höhe der Kirchensteuern informiert werden. Die Steuerverwaltung verfügt ohnehin über alle Informationen, die zur Erhebung notwendig sind. 

Welche Daten speichert der Staat über die Religionszugehörigkeit?

Das Einwohneramt, nicht das Steueramt, erhebt die Konfession der Bewohnerinnen und Bewohner. Wer nichts angeben möchte, gibt nichts an. Freiwillig kann man ankreuzen, ob man Mitglied einer der anerkannten Kirchen oder der IGB ist, ob man keine Religion beziehungsweise Konfession hat oder ob man einer anderen Religion oder Konfessionen angehört. Die Freidenker und Atheisten, die gegen das Steuergesetz das Referendum ergriffen haben, wollen verhindern, dass der Staat in Zukunft die Daten über die Religionszugehörigkeit speichert. Da setzen sie mit dem Steuergesetz am falschen Ort an, denn das Einwohneramt erhebt die Daten, ob das Gesetz nun angenommen wird oder nicht. Es gibt also keinen vernünftigen Grund, gegen die Teilrevision des Steuergesetzes zu stimmen. Ich appelliere deshalb an alle Stimmberechtigten, am 19. Mai ein Ja in die Urne zu legen. Damit können die Kirchen und die IGB weiterhin primär wichtige Beiträge in die soziale Arbeit statt in Software investieren. Das ist mir ein Herzensanliegen.

Toni Schürmann, April 2019

 

 

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