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Dargebotene Hand und Reformierte Kirche Kanton Luzern

Digitale Seelsorge ist im Aufwind

von Carole Bolliger
min
28.10.2024
Die Nachfrage nach anonymer Hilfe per Telefon und Chat wächst stetig. Die Dargebotene Hand Zentralschweiz und die Reformierte Kirche Kanton Luzern intensivieren das Angebot der Chatseelsorge.

In Zeiten zunehmender Krisen und gesellschaftlicher Herausforderungen verzeichnet die Dargebotene Hand einen massiven Anstieg an Hilfesuchenden. Die telefonische Seelsorge hat sich auf einem hohen Niveau stabilisiert, in der Zentralschweiz werden jährlich rund 20'000 Anrufe entgegengenommen, gesamtschweizerisch sind es 200'000.

Währenddessen erlebt die Nachfrage im Chat-Bereich einen regelrechten Boom. Klaus Rütschi, Geschäftsführer der Dargebotenen Hand Zentralschweiz, berichtet von einer jährlichen Zunahme von etwa 30 Prozent.

Direktere Kommunikation fordert die Beratenden

Die Anonymität des Chats führt zu einer einfacheren, aber auch direkteren Kommunikation. «Chat ist viel brutaler als am Telefon. Die Hilfesuchenden kommen gleich zur Sache», erklärt Rütschi. Schwere Themen wie sexueller Missbrauch oder Suizidandrohungen werden oft ohne Umschweife angesprochen. Diese Direktheit stellt die Beratenden vor neue Herausforderungen.

Obwohl viele Themen über die Jahre konstant geblieben sind – wie Beziehungsprobleme, Einsamkeit, Suizidgedanken und psychische Probleme – zeigen sich auch neue Herausforderungen. Rütschi hebt hervor, dass heutzutage Aspekte wie ADHS, Asperger-Syndrom und der Umgang mit sozialen Medien sowie künstlicher Intelligenz zunehmend in den Fokus rücken.

Nachfrage Chatseelsorge steigt

Besonders betroffen sind junge Mädchen im Teenageralter sowie Männer zwischen 20 und 35 Jahren, die häufig mit Identitätskrisen und einem Gefühl der inneren Leere kämpfen. Einen zentralen Aspekt dieser Probleme sieht Rütschi in der Fragmentierung der Familie. «Eltern sind oft so beschäftigt mit ihrer Karriere oder materiellen Wünschen, dass sie keine Zeit für ihre Kinder haben.» Dies führe zu einem Mangel an Resilienz bei den Heranwachsenden, da sie nicht lernten, mit Herausforderungen umzugehen oder emotionale Unterstützung zu erhalten.

Die Dargebotene Hand bietet seit 2011 Chatseelsorge an. «Im Chat wird ganz anders kommuniziert als am Telefon», betont Rütschi. Die Beratenden müssen gezielte Fragen stellen, um Missverständnisse zu klären – eine Herausforderung, da sie oft im Blindflug agieren und keine nonverbalen Hinweise wie Tonfall oder Mimik erhalten. Aktuell arbeiten 14 Personen in der Zentralschweiz im Chat-Bereich, eine Aufstockung auf 25 Mitarbeitende ist geplant, um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden. Doch die Rekrutierung fähiger Freiwilliger gestaltet sich nicht einfach. Denn nicht jede und jeder sei dafür geeignet, betont Klaus Rütschi.

Reformierte Kirche am Ausbau beteiligt

Die Reformierte Kirche im Kanton Luzern bietet Seelsorge u.a. in Kirchgemeinden, Spitälern und Gefängnissen an. Aufgrund der zunehmenden Nachfrage im Chat-Bereich kommt es nun zur Zusammenarbeit mit der Dargebotenen Hand Zentralschweiz. In einem dreijährigen Pilotprojekt beteiligt sich die Reformierte Kirche Kanton Luzern am Ausbau der Chatseelsorge bei der Dargebotenen Hand Zentralschweiz.

Die Synode hat dafür 95'000 Franken gesprochen. Dies ermöglicht unter anderem die Einstellung von zwei neuen Mitarbeitenden für Betreuung und Qualitätssicherung. Zudem wurde eine Rekrutierungskampagne gestartet, um interessierte Freiwillige zu motivieren.

Die Verantwortlichen konnten nun elf geeignete freiwillig engagierte Personen gewinnen, die Mitte Oktober mit der Ausbildung gestartet sind und ab kommendem Frühling eingesetzt werden. Auch Lilian Bachmann, Synodalratspräsidentin der Reformierten Kirche Kanton Luzern, freut sich über die Zusammenarbeit: «Eine intensivierte Zusammenarbeit im Bereich der anonymen Chatseelsorge bietet für beide Organisationen Chancen. Aufgrund der steigenden Nachfrage ist für uns als Volkskirche, welche für alle da ist, insbesondere eine höhere Kapazität rund um die professionelle Leistung zentral.» Mit dem Pilotprojekt wird der Chat auf der Website reflu.ch eingebunden.

 

Probleme oder Ängste?

Die Dargebotene Hand Zentralschweiz ist für dich da: Telefon 143 oder Chat unter www.143.ch. Die Verantwortlichen suchen auch immer Frauen und Männer, die sich als Beratende freiwillig engagieren wollen. Infos unter: www.143.ch/mitmachen

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