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EKS-Ersatzwahlen

Drei Männer, zwei Sitze und einige Gemeinsamkeiten

von Marius Schären / reformiert.info
min
25.10.2023
Für die zwei neu zu besetzenden Ratssitze bei der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz gibt es bisher drei Kandidaten. In einem Hearing schärften sie ihre Profile.

Zwei Rätinnen haben per Ende Jahr ihren Rückritt aus dem siebenköpfigen Leitungsgremium der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz angekündigt. Für Lilian Bachmann waren unterschiedliche Auffassungen über die künftige strategische Ausrichtung der EKS entscheidend, Claudia Haslebacher nannte persönliche Gründe. In der Synode (Parlamentstagung) vom 5. bis 7. November in Bern sollen die zwei Sitze neu besetzt werden.

In einem Online-Hearing mit zeitweise über 70 Teilnehmenden stellten sich die bisherigen drei Kandidaten den Fragen von Nominationskommission, Synodenmitgliedern und Medienschaffenden. Bei Florian Schubert (NE), Michel Rudin (LU) und Thomas Gugger (AI/AR) zeigten sich dabei einige Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede.

Jung und aus der Peripherie

Der 38-jährige Florian Schubert stamme «aus einer kleineren Kirche an der Peripherie», sagte der Neuenburger Pfarrer über sich selbst. Er finde die neue Verfassung der EKS sehr gut: «Sie zeigt Lösungen für Probleme, die bisher alle für sich angegangen sind.»

Zweisprachig aufgewachsen in der Don Camillo-Gemeinschaft sei sein kirchliches Netzwerk gross und auch stark ökumenisch geprägt. «Und da ich mit 38 jung bin, würde es die Diversität an Alter und Erfahrung im Rat vergrössern.» Der EKS wünsche er mehr Zusammenhalt, Verständnis für andere «und dass wir mehr zusammen feiern», sagte Schubert bei der anfänglichen Vorstellungsrunde.

Jung und divers

Der 38-jährige Michel Rudin sagte ebenfalls, er sei mit der Kirche aufgewachsen: Sein Vater war Kirchgemeinderatsmitglied und Sigrist in Lyss, seine Mutter gab Unterweisung. Studiert hat der heute in Luzern lebende Unternehmer Geschichte und Philosophie, abgeschlossen mit Master in Betriebswirtschaft und Kommunikation.

Es soll möglich sein, Religion zu leben und zu vertiefen. Und auch Gemeinsames zu erleben – denn das macht schliesslich uns Menschen aus.

Er arbeitet für Beratungsdienstleistungen, ist Verwaltungsrat im Gastronomiebereich und war Präsident von Pink Cross, der Dachorganisation der schwulen und bisexuellen Männer Schweiz. «Wichtig sind mir Werte, vor allem die Nachhaltigkeit und Bewahrung der Schöpfung», sagte Rudin. Vor allem liege ihm der «befriedende Aspekt» am Herzen: «Es soll möglich sein, Religion zu leben und zu vertiefen. Und auch Gemeinsames zu erleben – denn das macht schliesslich uns Menschen aus.»

Traditionell reformiert

«Ich bezeichne mich als traditionell reformiert», sagte der 62-jährige Thomas Gugger einleitend. Sein Vater sei zuerst in der Stadtpolizei St. Gallen gewesen, bevor er mit 42 Theologie studiert habe und Pfarrer geworden sei. Selbst hat sich Gugger zuerst in der Kirche im Dorf engagiert, dann in der Synode, auch als Präsident – und jetzt ist er seit elf Jahren im Kirchenrat der Evangelisch-reformierten Kirche beider Appenzell.

Als Treuhänder führe er zwei kleine Unternehmen zusammen mit seiner Frau. Sie stamme aus Teheran sei ist jetzt seit 40 Jahren in der Schweiz. «So habe ich miterlebt, was Integration heisst. Und ein Anliegen von mir ist, dass in unserer Kirche alle integriert werden sollen», sagte Gugger.

Überhaupt seien ihm einfach die Menschen wichtig. «Und die Kirche spricht zu wenig darüber, was sie tut, vor allem im diakonischen Bereich.»

Kinder und Jugendliche, Befriedung und Ziele

Auf je eine persönlich an jeden Kandidaten gerichtete Frage von der moderierenden Judith Pörksen, Präsidentin der Nominationskommission, sagte der Neuenburger Florian Schubert:

«Ich bin überzeugt, dass wir mehr Events anbieten müssen wie das Festival für Jugendliche bei uns mit einem beeindruckenden Zusammenhalt.» In Neuenburg werde sehr viel Wert gelegt auf Kinder und Jugendliche: Es sei wichtig, dass sie schon gute Erfahrungen mit der Kirche machten.

Wichtig finde ich aber, dass wir nicht zuerst ans Geld denken, sondern schauen: Wo wollen wir hin als Kirche?

Die Grünliberale Partei sei tatsächlich kirchenkritisch, sagte das Parteimitglied Michel Rudin – aber er müsse nicht in allem die Meinung von anderen teilen. Und: «Die Wirtschaft ist schliesslich angewiesen auf eine Gesellschaft, die funktioniert. Und da wird immer stärker gefordert, dass Unternehmen in den Bereichen Diversität und Inklusion Stellung beziehen.» Zudem müsse man auch die Dienstleistung an der Gesellschaft beachten, und zwar nicht nur im Sozialen: Die reformierte Kirche arbeite auch sehr befriedend und vertrete Werte, dass alle integriert werden. «Und das ist enorm wichtig!»

Thomas Gugger meinte, beim strategischen Denken und Handeln sei es schwierig, konkrete Ansätze zu finden. Doch in Basel-Stadt beispielsweise gebe es interessante, etwa das Arbeiten via Fördervereine und Stiftungen. Und er ergänzte: «Wichtig finde ich aber, dass wir nicht zuerst ans Geld denken, sondern schauen: Wo wollen wir hin als Kirche?»

Die Vorlieben in den Handlungsfeldern

Judith Pörksen sprach die drei Kandidaten auch auf ihre persönlichen Vorlieben an für die drei EKS-Handlungsfelder Kommunikation, Bildung und Berufe sowie Bewahrung der Schöpfung. In Neuenburg gebe es keine Kirchensteuer – da sei die Kommunikation zentral, sagte Schubert. Die anderen Felder kämen ihm aber auch entgegen.

Auch Rudin sieht seine Leidenschaft bei der Kommunikation, vor allem von Werten – das sei auch sein Beruf –, und bei der Bewahrung der Schöpfung. Thomas Gugger fühlt sich in allen drei Feldern berufen, ganz speziell aber am ehesten in Bildung und Berufen.

Die Kirchgemeinden sind wichtig, das ist unser grösster Reichtum – diese müssen wir stärken.

Zentralisierung und Föderalisierung

Die Zürcher Kirchenrätin Esther Straub wollte von den Kandidaten wissen, ob die EKS weitere Dienste übernehmen solle. Rudin meinte, er wolle sich nicht auf die Äste herauslassen, aber Kräfte zu bündeln sei zentral. Doch ganz klar lokal sehe er das «Communitybuilding», «das geht nicht von oben her, das muss vor Ort passieren». Er sei eher Föderalist als Zentralist.

Thomas Gugger findet es auf nationaler Ebene wichtig, mit den Regierungsräten in Kontakt zu sein und auch mit Unternehmerverbänden. «Der Bereicht Bildung und Berufe ist nicht wirklich koordiniert, da könnten wir mehr zusammenspannen.» Ansonsten sei er auch eher Föderalist. Florian Schubert zeigte sich einverstanden mit seinen Vorrednern: «Die Kirchgemeinden sind wichtig, das ist unser grösster Reichtum – diese müssen wir stärken.»

Und das Wichtige in der christlichen Botschaft

An der christlichen Botschaft ist dem Neuenburger Pfarrer «die Einbettung des Schöpfergottes» wichtig: «Der Mensch wird, was er anbetet.» Und die Augen auf Christus zu öffnen heisse, die Augen zu öffnen auf die Welt. Für Thomas Gugger ist es schlicht der Bibelvers «Gott ist Liebe»: «Die Kirche ist für alle offen.» Und es seien immer neue Wege zu suchen. Michel Rudin plädierte einmal mehr für die Bewahrung der Schöpfung, mit Mensch und Natur. Und: «Wir müssen uns da von der Lethargie lösen: Es macht Spass und ist eine tolle Sache!»

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