Baselland, Basel-Stadt, Luzern, Schaffhausen, Schwyz, Solothurn, Uri, Zug

Drei Schäfchen und ein Kreuz gegen die Durchsetzungsinitiative

min
25.02.2016
Die Zürcher Citykirche «Offener St. Jakob» hat gegen die Durchsetzungsinitiative mit drei Schäfchen und einem Grabkreuz geworben. Die Schäfchen wurden gestohlen, das Kreuz hat die Kirche selbst entfernt, weil es religiöse Gefühle verletzte.

Vom letzten Mittwochmittag bis am Donnerstagabend stand ein schlichtes Holzkreuz vor der Kirche «Offener Jakob» am Stauffacher in Zürich. Auf dem Kreuz stand «Hier ruht in Frieden der Rechtsstaat 1848 – 28.02.2016». Auf dem dazugehörenden Kranz las man: «Nach bitterem Kampf an einer Durchsetzung gestorben», dazu «Es ist noch nicht zu spät. 28. Februar NEIN».
Auf Facebook hat der «Offene Jakob» Bilder zur Aktion gepostet, die der reformierte Kirchenratspräsident Michel Müller mit «Das ist doch einfach geschmacklos!» kommentierte. Am Freitag war das Kreuz wieder weg, und unterdessen ist auch der Post entfernt worden.
Die Idee mit dem Kreuz stammt von Patrick Schwarzenbach, Pfarrer am «Offenen Jakob». «Mit dem Kreuz wollte ich einen Grundimpuls geben», sagt er. Die Kirche solle politisch Stellung beziehen, wenn eine Abstimmungsvorlage Ethik und auch Religion berühre. «Der Impuls muss aber nicht ausgewogen sein. Man kann mit ihm Gespräche auslösen, in deren Verlauf auch die Argumente der anderen angehört werden», so Schwarzenbach.


Kreuz als Zeichen zu stark
Das Kreuz sei ein Element von weiteren Aktionen zur Durchsetzungsinitiative gewesen. So hatte Schwarzenbach zuvor drei weisse Plüschschafe in einen Käfig vor der Kirche gesperrt, die eine verängstigte, abgesperrte Schweiz symbolisierten. «Die Schafe sind gestohlen worden, aber die Aktion endete sowieso nach einer Woche», erzählt er.
Und warum hat er das Kreuz wieder entfernt? «Es gab am Freitag eine Beerdigung, und ich wollte nicht, dass es pietätlos und verstörend auf die Trauernden wirkt.» Viele Menschen haben positiv auf das Kreuz reagiert, aber einige seien auch in ihren religiösen Gefühlen verletzt gewesen. Zudem sei der Kontext ungünstig gewesen: «Vor der Uni oder einem Warenhaus hätte das Kreuz besser gepasst, aber vor einer Kirche, die sowieso schon mit Beerdigung assoziiert wird, wirkte es zu stark», so Schwarzenbach.


Weiterhin: Zwei Plakate
Beim Eingang des «Offenen Jakobs» hängen immer noch zwei Plakate gegen die Durchsetzungsinitiative. Auf dem einen steht: «Gott hat die Fremden lieb», auf dem anderen: «Durchsetzungsinitiative NEIN». Die Plakate wurden unterdessen versprayt, und das «NEIN» ist durchgestrichen worden. Laut Verena Mühlethaler, Pfarrerin am «Offenen Jakob», habe die Kirchenpflege das Anbringen der Plakate einstimmig beschlossen.
Dass man damit SVP-Kirchenmitglieder der Kirchgemeinde Aussersihl verärgern könnte, befürchtet sie nicht. Gerade in Aussersihl, wo sich der «Offene Jakob» befindet, seien alle ausländerrelevanten Abstimmungen zugunsten einer toleranten, humanen und offenen Haltung entschieden worden, sagt Mühlethaler.
Aussersihl sei in Ausländer- und Migrationsfragen schon immer eine Modellgemeinde gewesen. «Nicht von ungefähr haben sich hier Paul Pflüger und später Leonhard Ragaz für eine mutige, bekennende Kirche eingesetzt», so Mühlethaler. Man habe überdies viele positive Reaktionen erhalten, dass die Kirche hier so klar Stellung beziehe.

Matthias Böhni / ref.ch / 22. Februar 2016

Dieser Artikel stammt aus der Online-Kooperation von «reformiert.», «Interkantonaler Kirchenbote» und «ref.ch».

Unsere Empfehlungen

Die Moral erobert die Politik

Die Moral erobert die Politik

Die Klimadebatte sei moralisch und religiös aufgeladen. Dies führe zu Unversöhnlichkeit, sagt der Publizist Felix E. Müller. Statt vom Weltuntergang zu reden, müsse die Politik den pragma­tischen Kompromiss suchen.
Die Moral erobert die Politik (1)

Die Moral erobert die Politik (1)

Die Klimadebatte sei moralisch und religiös aufgeladen. Dies führe zu Unversöhnlichkeit, sagt der Publizist Felix E. Müller. Statt vom Weltuntergang zu reden, müsse die Politik wieder den pragmatischen Kompromiss suchen.