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Tiersegnungsgottesdienst in Schaffhausen

Ein berührender und beglückender Moment

von Adriana Di Cesare
min
30.05.2024
SCHAFFHAUSEN | Am Familiengottesdienst mit Tiersegnung in Schaffhausen-Buchthalen sind Tiere willkommen. Carlos Greull begleitet die Feier seit vier Jahren und berichtet, wie die Tiere darauf ansprechen.

Am 2. Juni ist es wieder so weit: Tiere aller Gattung wohnen einem Gottesdienst bei, der ihnen gewidmet ist. Bei der Tiersegnung empfängt jedes Tier mit seinem begleitenden Menschen einen persönlichen Segen. «Der Segen beschränkt sich nicht auf die Tiere», erklärt Sozialdiakonin Nicole Russenberger vom Leitungsteam.

«Tiere stehen uns Menschen besonders nahe. Durch den Segen anerkennen wir diese Verbindung und stärken sie.» Ein Segen sei ein Geschenk. «Einem Lebewesen einen Segen zuzusprechen, bedeutet, ihm Gutes zu wünschen im Bewusstsein, dass es von Gott geliebt wird. Das gilt auch für Tiere.»

Bereits zum vierten Mal findet der jährliche Tiersegnungsgottesdienst in Buchthalen statt. «Es ist immer wieder eindrücklich, wie beglückt die Menschen sind, wenn sie zusammen mit ihren Tieren den Segen empfangen», so die Sozialdiakonin.

Menschen, Tiere und Pflanzen sind Teil der Schöpfung

Carlos Greull aus Schaffhausen hilft im Freiwilligenteam mit, das den Gottesdienst gestaltet. Der heute 78-Jährige ist mit Tieren aufgewachsen. Seine Familie lebte in einem Haus mit grossem Garten in Bogotá, der Hauptstadt Kolumbiens. «Wir hatten Hunde, Katzen, Enten, zwei Affen und einen Ozelot. Während unserer Ausflüge in die Nähe des Urwalds konnten wir wunderschöne Kolibris beobachten und riesige bunte Schmetterlinge.» Diese Erlebnisse waren für ihn prägend. «Die Tiere sind mir von klein auf ans Herz gewachsen, und das hat sich bis heute nicht geändert.»

Der Tierfreund ist überzeugt: «Ohne Tiere würde es uns Menschen nicht geben. Sie sind wunderschön, interessant und vielfältig und halten uns einen Spiegel für unser eigenes Dasein vor. Menschen, Tiere und Pflanzen gehören in der Schöpfung zusammen. Deshalb ist die Bitte um Gottes Segen für die Tiere wichtig und real für mich.»

Um Schutz bitten

Im Buch Genesis steht geschrieben, dass Gott neben dem Sabbat und den Menschen auch die Tiere gesegnet hat. Bereits in der Antike gab es in verschiedenen Kulturen Rituale und Zeremonien, die Tiere eingeschlossen haben. Diese Rituale dienten oft dazu, Tiere vor Krankheiten und Unfällen zu schützen und eine gute Ernte zu gewährleisten.

Die christliche Tradition der Tiersegnungen geht auf den heiligen Franziskus zurück, der im 13. Jahrhundert lebte. Franz von Assisi war bekannt für seine Liebe zu Tieren. Eine Legende besagt, dass er einmal eine Predigt für Vögel hielt. Heute sind Tiersegnungen in vielen Kirchen üblich, besonders am Festtag des heiligen Franz von Assisi, dem 4. Oktober, der auch als Welttierschutztag gefeiert wird. «Die Tradition der Tiersegnungen hat sich im Lauf der Geschichte entwickelt, aber der Kerngedanke, Tiere zu ehren und ihren Schutz zu erbitten, bleibt bestehen», fasst Nicole Russenberger zusammen.

Carlos Greull berichtet, dass Tiere im Gottesdienst besonders gut zuhören. «Es ist erstaunlich, wie ruhig sie dieser Feier beiwohnen.» Wenn immer möglich, erfolgt die Segnung mit einer Berührung. «Der persönliche Kontakt ist wichtig. Wir haben erlebt, dass nervöse Tiere ruhig werden und stillhalten während des Segnens.»

Ein lebendiger Reigen von Haustieren

Die Schar der tierischen Gäste bestand bisher aus Hunden, Meerschweinchen, Hamstern, Kaninchen, einem Hahn und Ziegen. Manche Besucherinnen und Besucher bringen Bilder von ihren Katzen und Pferden mit. Segnung schliesst aber auch Wildtiere und Tiere aus der Landwirtschaft mit ein. «Der humanitäre Grad der Gesellschaft misst sich am verantwortungsvollen Umgang mit Tieren», betont Carlos Greull. Und er führt aus: «Tiere sind Teil der Schöpfung. Wer sie ehrt, ehrt somit auch den Schöpfer.» Dies sei leider längst nicht überall gewährleistet. Er sieht Handlungsbedarf für die Kirche. «Sie sollte sich engagiert dafür einsetzen, dass alle Mitgeschöpfe auf dieser Welt in Würde leben können.»

Von den Tieren lernen

Die Bibel erwähnt mehrere hundert Tiere. «Sie verfügen oft über Fähigkeiten, die die Menschen nicht haben. Ein gutes Beispiel dafür ist Bileams Esel, der versteht, was der Engel Gottes sagt, während der Mensch das nicht kann.»

Die kommende Tiersegnung ist ein besonderer Gottesdienst auch für Kinder. «Es ist ein Familiengottesdienst. Wir hören die Geschichte der Arche Noah und singen gemeinsam», kündigt Nicole Russenberger an. Carlos Greull wünscht sich eine vielfältige Tierschar und würde sich über einen Esel freuen. «Das sind Tiere, die ich besonders mag, denn sie sind klug und nur dann stur, wenn es Sinn macht. Wir können von ihnen viel lernen.»

Familiengottesdienst mit Tiersegnung: Sonntag, 2. Juni, 10 Uhr, Areal HofAcker-Zentrum, Alpenstrasse 176, Schaffhausen. Menschen mit und ohne Tiere willkommen. Es ist genügend Platz für die Tiere vorhanden, der Anlass findet bei jeder Witterung statt, Apéro.

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