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Verein kirchliche Gassenarbeit

Ein Bier als letzter Abschiedsgruss

von Carole Bolliger
min
21.02.2024
Der Verein kirchliche Gassenarbeit Luzern setzt sich für sozial Benachteiligte ein. Anfang Februar fand die Gedenkfeier statt für Menschen, die im vergangenen Jahr an ihrer Sucht gestorben waren.

Rund 70 Suchtkranke, wovon über 80 Prozent Männer sind, besuchen täglich die GasseChuchi des Vereins kirchliche Gassenarbeit Luzern. Hinzu kommen viele, welche die Angebote der Gassenarbeit unregelmässig aufsuchen. «In unseren Konsumationsräumen können die Leute ihren selbst mitgebrachten Stoff stressfrei, unter medizinischer Beobachtung und hygienischen Bedingungen konsumieren», erklärt Geschäftsleiterin Franziska Reist. Das Altersspektrum der Klientinnen und Klienten, wie die Süchtigen genannt werden, reicht von 18 bis 70, das Durchschnittsalter liegt bei 49 Jahren. Eine Zunahme von Jungen sei nicht zu beobachten. Die Gründe, weshalb jemand in die Drogen abstürzt, sind so vielseitig wie die Betroffenen selbst. «Sehr oft haben diese Menschen traumatische Erlebnisse durchgemacht», so Reist. Betreut werden die Suchtkranken von Sozialarbeitenden und Personal mit pflegerischem Hintergrund. Die Gassen-küche wird zum grössten Teil aus Steuergeldern finanziert sowie durch Spenden und Kirchengelder.

Valentin Beck ist seit drei Jahren Seelsorger bei der Gassenarbeit Luzern. Er begleitet sucht- und armutsbetroffene Menschen, unabhängig von ihrer Glaubenshaltung. Bei Todesfällen, in Krisensituationen und bei Sinnfragen ist er für sie da. Seine Arbeit umfasst Gespräche mit Betroffenen. Er besucht sie im Spital, im Gefängnis oder zu Hause und feiert mit ihnen Gottesdienste zu Weihnachten  sowie zu besonderen Anlässen wie Taufen, Segnungen und Abdankungsfeiern.

Interreligiöse Begegnungen

Beck schätzt an seiner Arbeit die vielen verschiedenen interreligiösen Begegnungen. «Dass dieser Job sinnstiftend ist, davon bin ich ausgegangen. Jedoch wird mir die Sinnhaftigkeit von Tag zu Tag noch bewusster und klarer», schwärmt er. Wenn man sich auf die Betroffenen einlasse, bekäme man viel zurück. «Meine Arbeit und ich werden immer mal wieder in Frage gestellt, das macht meine Aufgabe spannend.» Die 1:1-Gespräche sieht er als besonders wertvoll, ebenso das Spontane und Überraschende, das er jeden Tag auf der Gasse erlebt.

Im vergangenen Jahr führte Valentin Beck unzählige spontane und vereinbarte Gespräche mit Klientinnen und Klienten, mit deren Angehörigen und besuchte die Betroffenen im Spital, in der Klinik oder im Gefängnis. Die Seelsorge hatte 15 Todesfälle zu verzeichnen, gleich viele wie im Jahr zuvor. Und dieser verstorbenen Frauen und Männer gedachte man an der ökumenischen Gedenkfeier, die Anfang Februar in der Matthäuskirche Luzern stattfand. Über hundert «Gäste» nahmen an der Feier teil. «Die Feier bietet Gelegenheit, den Moment des gemeinsamen Erinnerns miteinander zu teilen und anschliessend bei einer Suppe zusammenzusitzen», so Beck.

Manchmal kommt es zu speziellen Situationen. Beck erinnert sich, wie jemand dem Verstorbenen eine Bierdose mit ins Grab gab. «Für einige mag das absurd oder gar unmoralisch sein, für diese Person war es ihre Art, Tschüss zu sagen. Ein letzter Ab-schieds-gruss. Auch das hat bei uns Platz.» Speziell freute sich der Seelsorger über den kleinen Chor, der sich vor einem Jahr an der Gedenkfeier spontan zum Singen zusammenfand. Aus diesen Sängern entstand danach ein richtiger Chor. «Bei dieser Feier geht es um die Würde jedes Menschen – eine Würde, die unverlierbar ist: weder durch Armut oder Sucht, noch durch den Tod.»

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