Ein Friedensdorf für Christen und Muslime
Seit Beginn dieses Jahres haben die Konflikte in Nigeria etwa 2000 neue Todesopfer gefordert. Rund zwei Millionen Menschen sind auf der Flucht. Seit bald zehn Jahren terrorisiert die jihadistische Miliz Boko Haram die Bevölkerung im Norden Nigerias. Die Entführung der 276 Schülerinnen in Chibok im Jahr 2014 machte den Konflikt auf der ganzen Welt bekannt.
Ausbildung und Trauma-Arbeit
Heute schwelen neue Unruhen. Immer häufiger kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen sesshaften christlichen Bauern und muslimischen Nomaden mit ihren Herden. «Früher hat zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen ein Geben und Nehmen geherrscht», sagt Detlef Lienau vom Basler Hilfswerk Mission 21 am Begegnungstag in Neuhausen Rheinfall. Durch den Klimawandel seien die Regenzeiten kürzer geworden, was den Druck auf das Land verstärke. «Der Streit um Weideflächen führt ganz schnell zu erneuten Religionskonflikten», so Lienau.
Doch mitten in den Unruhen existiert ein Ort des Friedens: Das Gurku Village, ein Dorf, wo Christen und Muslime zusammenleben. Der Nigerianer Markus Gamache hat es gegründet. Er hat den Religionskonflikt am eigenen Leib erfahren. Sein Vater war zum Islam konvertiert und warf den Sohn aus dem Haus, weil er Christ sein wollte. «Damals war ich etwa 15 Jahre alt. Mein Vater weigerte sich, mit mir aus der gleichen Schüssel zu essen», erzählt der 50-jährige Betriebswirt. Doch es gab auch viele muslimische Brüder und Schwestern, die ihm mehr Liebe gezeigt hätten als manche Christen. Dies habe ihn sosehr berührt, dass er Christen und Muslime zusammenbringen wollte, um eine Atmosphäre zu schaffen, in der sie gemeinsam handeln können. «Man kann den Frieden nicht herbeireden, man muss ihn leben», so Gamache.
Mission 21 unterstützt zusammen mit ihrer nigerianischen Partnerkirche, der Kirche der Geschwister, Gamaches Engagement. Seine Organisation ermöglicht jungen Christen und Muslimen eine Ausbildung. Daneben bietet er interreligiöse Workshops zur Trauma-Verarbeitung an. Denn die schrecklichen Erlebnisse verfolgen viele der Überlebenden jahrelang. So auch Yohana Zidiko, ein 34-jähriger Familienvater: «Mein Leben war geprägt von Wut, Angst und Sorge, bis ich hier in Gurku einen Trauma-Workshop besuchte. Dort erfuhr ich, was ein Trauma ist, wie es dich beeinträchtigt, und dass es dich nur loslässt, wenn du lernst, zu vergeben», sagt er.
Wie Yohana Zidiko leben 1200 Menschen in Gurku Village. Es gibt eine Klinik, eine Kirche, eine Moschee und eine Schule. Die muslimischen und christlichen Kinder «lernen, spielen, springen und singen miteinander». Das Spendengeld, das Mission 21 mit ihrer Kampagne sammelt, unterstützt die Friedensarbeit in Nigeria.
27.09.18 / Adriana Schneider
Ein Friedensdorf für Christen und Muslime