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Ein leben für Asylsuchende

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26.01.2017
Michel Meiers Büro war ein Fenster in die ganze Welt. Asylsuchende aus aller Herren Länder suchten ihn auf. Über 30 Jahre lang hat er Menschen in einer schwierigen Lebens­situation beraten und begleitet.

Wenn bei Diskussionen das Thema Asylwesen aufkommt, dann wird es rasch emotional. Oft. Jetzt sitzt Michel Meier entspannt im Restaurant 1717, seit einigen Monaten ist er pensioniert. Meier leitete die Beratungsstelle für Asylsuchende der Region Basel. Fast dreissig Jahre lang hat der gelernte Sozialpädagoge Asylsuchende beraten und begleitet, hat Menschen aus verschiedenen Kulturen kennengelernt und im Umgang mit ihnen viel Fingerspitzengefühl entwickelt. Er hätte sich glücklich geschätzt, hätten er und sein Team nur 1717 Fälle im Jahr zu bearbeiten gehabt. Es waren aber deren 4000, für die etwas mehr als drei Vollzeitstellen zur Verfügung standen. Meier sagt das sachlich. Es sind Tatsachen wie die Entscheide und Bestimmungen eines Asylverfahrens. «Meine Aufgabe war es, die in Beamten- und Juristensprache formulierten Bescheide in eine allgemein verständliche Sprache zu übersetzen.» Entscheide, die in vielen Fällen Jahre dauerten. «Viel zu lange», sagt Meier bestimmt, «ein Jahr muss reichen», und kurz blitzen Emotionen auf. Denn es war das Engagement für die Unterschriftensammlung zum Referendum der Asylgesetzrevision 1989, das Meier zum Heks und zur BAS führte – zum Thema und zum Beruf seines Lebens.

Gutes Arbeitsklima wichtig

«Die Ratsuchenden wollen ihre Geschichte, ihre Situation erzählen», sagt er. «Afrikaner tun das anders als Asiaten», Meier hat gelernt, das Erzählte im kulturellen Kontext zu beurteilen. Menschenkenntnisse, die er auf vielen Reisen und bei seiner langjährigen Arbeit gesammelt hat. «Afrikanern konnte ich direkt sagen, wenn ich ihnen ihre Geschichte nicht abnahm, bei Asiaten war das nicht möglich.» Die Flüchtlinge vertrauten ihm Schicksale an, die manchmal als Asylgrund genügten, oft aber nicht anerkannt wurden. Den Ratsuchenden einen Negativentscheid zu vermitteln, habe zum Teil zu sehr schwierigen Situationen geführt, sagt Meier. «Wer jahrelang auf einen Entscheid warten muss, wird psychisch labil, das geht an die Substanz. Wenn wir nicht sicher waren, wie jemand auf ein abgewiesenes Gesuch reagiert, haben wir einen Arzt oder die Polizei beigezogen.» Meier schildert das alles sehr nüchtern. Diese neutrale Haltung verliert er, als er von einem Flüchtling erzählt, der in anderthalb Jahren Deutsch gelernt hatte. Er durfte bleiben und spricht heute sogar Dialekt. «Das hat mich berührt.» Michel Meier führte zahllose emotionale Gespräche. Oft musste er sich mit Negativ-Entscheiden abfinden. Ging ihm das nicht nahe? Wie grenzte er sich ab? «Wir hatten Supervisionen und tauschten uns im Team aus, in dem ein guter Geist herrschte», sagt Meier und ist wieder in der beruflichen Abgeklärtheit zurück.

26.1.2017 | Franz Osswald

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