Ein verrückter Pilgertag mit Kunst und Brot
Über tausend Menschen pilgerten am Samstag, 27. April, von Langenbruck ins zwei Kilometer entfernte Kloster Schönthal und liessen den ehemaligen Pilgerort wieder aufleben. Sie feierten damit die Kunstvernissage der Ausstellung «Der Eilige Geist kommt zur Ruhe» des Künstlerpaars Gerda Steiner und Jörg Lenzlinger. Vom 27. April bis 3. November stehen im Kloster Schönthal Altäre, die den drei zentralen Dingen im Leben gewidmet sind: Salz, Wasser und Brot.
Ein Teig pilgert
Die Musikgemeinschaft Oberdorf Waldenburg Langenbruck machte den Auftakt vor dem Gemeindehaus, dann ging die Prozession los. Und zwar langsam, denn der eilige Geist, der in uns allen wohnt, sollte ja endlich zur Ruhe kommen! Bei der Prozession handelte es sich allerdings nicht um eine herkömmliche Pilgerwanderung, sondern um eine Teigprozession: Die Teilnehmenden hatten ungebackenen Brotteig dabei, den viele gut sichtbar vor sich hertrugen oder auf einer grossen Sänfte transportierten.
«Brot ist ein wahnsinnig reiches Thema», meinte Lenzlinger. «Es ist im Grunde eine Geschichte der Umwandlung. Die Art, wie sich Mehl und Wasser zu einer einheitlichen Masse formen, wie sich der Teig im Ofen weiterentwickelt – und am Ende isst man’s und ist genährt!»
Die Pilgerstrasse war am Samstag geprägt von Performances aller Art. Es gab Konzerte aus Fenstern und von Balkonen, Auftritte der Dorfmusik und des Jodelchors und mittendrin Flashmob-Meditationen, menschliche Vögel, die aus Eiern schlüpften, und Tai-Chi-Geister im Fluss.
Wandern, Brot und Marzipan
Der Weg von Langenbruck zum Kloster Schönthal ist gesäumt von Andachtsorten, die etwa den Vögeln, dem Weizen oder der Harmonie gewidmet sind. Letzterer befindet sich ganz treffend vor dem Haus Harmonie in Langenbruck, einem Heim für Suchtkranke. Ein Andachtsort gedenkt «dem überfahrenen Feuersalamander» und macht so darauf aufmerksam, dass die Tiere vom Aussterben bedroht sind. Steiner und Lenzlinger hoffen, dass die Besucher und Besucherinnen der Ausstellung im kommenden halben Jahr den Weg immer wieder auch zu Fuss nach Schönthal finden und unterwegs zum Nachdenken angeregt werden.
Zur Ausstellung gehören Brotkreationen aus aller Welt. Zugleich behält das Kunstprojekt seinen interaktiven Charakter bei: Jeden Samstag können Leute im Kloster Schönthal Brot backen. Dazu gibt es Lesungen, Vorträge, Konzerte – und sogar einen Marzipanworkshop.
Eine Feier für bewegte Geister
Die Pilgerprozession endete in einem ausgelassenen Fest rund um das Kloster Schönthal. Der Geruch von frisch gebackenem Brot erwartete die hungrigen Pilger und Pilgerinnen bereits. Geist und Gemüt wurden von Sinneseindrücken nur so berauscht – genau wie es sich Steiner und Lenzlinger für die Vernissage vorgestellt hatten: Ein grosses Fest, in das die ganze Dorfgemeinschaft miteingebunden ist. Der eilige Geist muss schliesslich erst in Bewegung geraten, um wieder zur Ruhe zu kommen!
Ein verrückter Pilgertag mit Kunst und Brot