«Eine Führungskraft ist immer dienend»
Nach der Fleischerlehre habe er sich gesagt: «Das ist nicht meins.» Für Stephan Feldhaus aus dem deutschen Münsterland folgten dann Studien in Latein, Philosophie und katholische Theologie, der Berufswunsch Bischof führte ihn nach Rom, die Einsicht wieder davon weg nach Zürich, Luzern und München, wo er schliesslich in Theologie doktorierte und Professor für Sozialethik wurde. «Bald wurde ich aber entfernt, weil ich zu liberal war», sagte Feldhaus an einer Tagung vor Pfarrpersonen und kirchlichen Mitarbeitenden in Bern.
Schliesslich kam er zum Technik-Konzern Siemens, durchlief verschiedene Stationen der Kommunikation und wurde 2010 zur Hoffmann-La Roche AG geholt. Bei dem Riesenkonzern mit gemäss eigenen Angaben über 94'000 Mitarbeitenden ist er als Leiter der Kommunikation Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung. Und darum ging es an der Tagung «Leit uns in allen Dingen»: ums geistliche Leiten und die Auseinandersetzung mit sozialwissenschaftlichen Führungstheorien.
Reputations- und Moralkeule
Er sei nicht Theologe in seiner Position, betonte der 55-jährige Feldhaus im Interview mit Michael Braunschweig vom Institut für Sozialethik von der Uni Zürich vor den Tagungsteilnehmenden. Aber im Herzen sei er es, und zudem überzeugter Ethiker. «Wir führen in der Geschäftsleitung täglich ernste Diskussionen über ethisch relevante Themen.» Da rede er sowohl in seiner offiziellen Rolle als Kommunikationsleiter als auch seiner persönlichen Rolle mit: «Ich kann dann die Reputationskeule und auch die Moralkeule führen.»
Ganz der Kommunikator liess Stephan Feldhaus gegen seinen Arbeitgeber nichts anbrennen. Er liebe dessen Schweizer Charakter mit Planung von unten und Zielvorgaben von oben. Wichtig seien in der Mitarbeitendenführung drei Themen: Empowerment, Recognition und Collaboration – er entschuldigte sich auch fürs viele Englisch, doch er spreche bei der Arbeit zu 80 Prozent so. Durch das über allem stehende Vertrauen zu den Mitarbeitenden würden diese motiviert, «empowert». Mit Recognition sei die Anerkennung für das Tun gemeint: «Nur mit Geld können wir niemanden auf längere Zeit motivieren.» Und die Zusammenarbeit – Collaboration – sei in einem Unternehmen eine zwingende Voraussetzung.
Drei Punkte gegen Burn-out
Und genau diese drei Leitideen bezeichnete Feldhaus auch als gute Burn-out-Prävention. Wir alle bräuchten ein Ziel, zumindest einen Zielrahmen, um empowert zu sein – sonst würden wir krank. Auch fehlende Rückmeldungen auf unsere Tätigkeiten würden mit der Zeit schlicht krank machen – ebenso, wenn wir auf uns allein gestellt seien. «Wichtig ist also zuerst, dass das System stimmt, in dem wir tätig sind», fasste der Manager zusammen.
Ebenfalls drei Punkte zählte Feldhaus zum Thema Managerlöhne auf – ein «hochethisches Thema», meinte er. Wichtig sei, dass der Lohn am Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens ausgerichtet werde, dass er in einem international tätigen Konzern demnach auch international wettbewerbsfähig sei und dass er von einem unabhängigem Gremium bestimmt werde. «Das halte ich für ganz essenziell, dass die Besitzer, die Aktionäre, bestimmen und nicht die Führung selbst. Deshalb war die Abzocker-Initiative auch wichtig», sagte Stephan Feldhaus.
Führen heisst dienen
Ein Votum aus dem Publikum, dass demokratische Strukturen wie in der Kirche immer Mittelmass bringen würden, bestätigte der Hoffmann-La Roche-Manager indirekt. Es sei ein Verfechter von demokratischen Strukturen – aber sie führten nicht immer zum Besten. Es brauche auch Führungspersonen, die sich wirklich so verstünden. Und hier wurde Feldhaus absolut: «Eine Führungskraft ist immer dienend – ein anderes Verständnis kann ein Manager gar nicht haben.» Das gelte auch für die Kirchen.
Marius Schären, reformiert.info, 30. Januar 2018
«Eine Führungskraft ist immer dienend»