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Eine grosse Chance für alle

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27.01.2023
Monatliche Treffen sollen älteren Migrantinnen und Migranten mehr Kontakt und damit ein besseres Alter ermöglichen.

Cristina Neuweiler-Donet aus Neuhausen am Rheinfall lebt seit dreissig Jahren in der Schweiz. Ihr Heimatland Peru hatte sie wegen politischer Unruhen verlassen müssen. Sie habe sich gut in der Schweiz eingelebt, erzählt sie. «Ich hatte Glück. Weil mein Schweizer Ehemann weder Spanisch noch Englisch sprach, musste ich schnell Deutsch lernen.» Die Sprache zu beherrschen, sei zentral, um in einem fremden Land heimisch zu werden. «Wer nicht mitreden kann, bleibt isoliert.» Durch ihren Beruf als Pflegehelferin und ihre Auftritte als Sängerin von lateinamerikanischen Liedern erschloss sich ihr mit den Jahren ein grosser Freundeskreis.

Kontakt nur mit Landsleuten
Die Peruanerin engagiert sich in der Kommission für Oekumene, Mission und Entwicklungszusammenarbeit OeME für interkulturelle Begegnungen. «Ich habe Kontakt zu Frauen und Männern aus Lateinamerika, Eritrea, der Ukraine, Italien und Albanien. Die meisten treffen sich jedoch vor allem mit Landsleuten.» Die Gründe dafür seien vielfältig. «Manche kennen es einfach nicht anders, haben Angst vor Sprachproblemen oder wissen nicht, wie sie anderweitig Kontakt finden können.»

Aktuell begleitet Cristina Neuweiler-Donet die Treffen für Migrantinnen und Migranten ab 55 Jahren im Rahmen des Projekts «AltuM – Alter und Migration» des Hilfswerks der Evangelisch-reformierten Kirchen Schweiz Heks. Das Programm existiert seit 2006 und umfasst die regionalen Standorte Aargau, beide Basel, Ostschweiz, Waadt, Genf und Zürich. Doris Brodbeck von der OeME-Kommission hat mit Pro Senectute Kanton Schaffhausen und Integres den Bedarf ausgelotet: «Es gibt viele Angebote für ältere Menschen in Schaffhausen, aber es gelingt nur selten, Migrantinnen und Migranten anzusprechen. Deshalb möchten wir das Projekt auch hier ansiedeln.»

Freiwillige mit Migrationserfahrung
Miriam Moser leitet das Programm «Heks AltuM – Alter und Migration» der Region Zürich/Schaffhausen: «Die Treffen werden von freiwilligen Schlüsselpersonen angeleitet, die ebenfalls über Migrationserfahrungen verfügen. Der direkte Kontakt zwischen ihnen und den Gästen schafft Vertrauen, um in einen persönlichen Austausch zu kommen.» Schlüsselpersonen wie Cristina Neuweiler-Donet verfügen über umfangreiche Kenntnisse über die Lebenserfahrungen der Migranten. «Dank ihrer Erfahrungen aus mehreren Kulturen können sie die Schweizer Kultur übersetzen. Gut erreicht werden durch das Angebot Personen unter 65 Jahren, Frauen aus Sprachgruppen wie Spanisch, Portugiesisch, Albanisch und Arabisch.»

Viele Migrantinnen und Migranten, die in der Schweiz leben, mussten ihre Heimatländer wegen wirtschaftlicher oder sozialer Missstände verlassen. «Mit zunehmendem Alter erwägen nun manche, in der Schweiz zu bleiben», so Moser. Mögliche Gründe dafür sind die Nähe zu Familienangehörigen in der Schweiz, verlorene Beziehungsnetze und anhaltende Unsicherheit in den Herkunftsländern sowie das bessere gesundheitliche und soziale Versorgungssystem.

Häufiger psychisch krank
Erhebungen des Bundes zur Gesundheit der Bevölkerung zeigen, dass Migrantinnen und Migranten durch anhaltend ungesicherte Arbeits- und Lebensumstände öfter als Schweizerinnen und Schweizer an psychischen und physischen Problemen leiden. Für manche ist es zudem schwierig, sich im Gesundheitssystem zurechtzufinden. «Sie wenden sich oft primär an die Ausländerorganisationen ihrer eigenen Sprachgruppe, die nicht immer über alle Dienstleistungsangebote im Altersbereich informiert sind.» Sie seien zwar häufig stark in ihre Familien eingebunden. «Doch wenn niemand mit den hiesigen Strukturen vertraut ist, fehlt der Austausch über wichtige Anlaufstellen wie Pro Senectute, Spitex oder die sozialen Dienste», sagt Moser.

Alltag besser bewältigen
Laut Erhebungen des Heks tragen die AltuM-Treffen dazu bei, das Wissen älterer Migrantinnen und Migranten über Aspekte des Alterns in der Schweiz zu erhöhen. «Viele Teilnehmende haben nur ein kleines Netzwerk, wohnen allein und nutzen das Angebot, um andere Menschen zu treffen. Es macht ihnen Freude, ihre Erlebnisse mit anderen zu teilen. Sie lernen, wie sie den Alltag bewältigen und an Angeboten, die sich an die ganze Bevölkerung wenden, teilnehmen können.» Der Inhalt der AltuM-Treffen richte sich nach den Bedürfnissen der Gäste. Sie können Informationsveranstaltungen, Tischgespräche über aktuelle Themen, niederschwellige Kaffeetreffen, PC- oder Sprachkurse, sportliche Aktivitäten, Feste, Ausflüge und Einzelberatungen beinhalten.

Willkommen zu den Treffen sind auch Schweizerinnen und Schweizer. Doris Brodbeck sieht hier eine Chance für die Kirche: «Ich höre immer wieder, dass ältere Migrantinnen und Migranten auch mit Schweizerinnen und Schweizern zusammenkommen möchten. Die Kirche kann einen Rahmen bieten, um Menschen aus anderen Kulturen zu begegnen. Das ist eine grosse Chance für alle.»

Adriana Di Cesare

Nächster AltuM-Treff: 28. Februar, 15 Uhr, Zwinglikirche Schaffhausen

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