«Eine Wirkung gibt es immer»
Zwölf Jahre ist es her, als Yvonne Lehmann, 68, von der Reformierten Teilkirchgemeinde Stadt Luzern die Erlaubnis erhielt, Handauflegen zu praktizieren. Zehn Jahre später hat sie ein Team von 20 Helferinnen und Helfern aufgebaut, das ökumenische Projekt ist gut integriert und wird von reformierter wie auch von katholischer Kirche unterstützt.
Jeden Freitagabend, das ganze Jahr über, bietet sie zwischen 17 und 19 Uhr in der Lukaskirche Handauflegen an. Vier Helferinnen stehen bereit, eine Person empfängt die Besucherinnen und Besucher, drei stehen fürs Handauflegen und für ein Gespräch zur Verfügung.
Es kamen mehr als gedacht
Yvonne Lehmann erinnert sich noch gut an die Anfänge. «Am ersten Abend kamen viel mehr Menschen, als wir dachten, 12 an der Zahl. Das war anstrengend, aber ein guter Start.» Mittlerweile hat sich die Zahl der Besucher eingependelt. «Manche kommen regelmässig, andere schauen zum Schnuppern vorbei und bleiben hängen.» Dabei ist das Handauflegen keine Luzerner Erfindung. Am längsten kennt man es in der Elisabethenkirche in Basel, seit rund 20 Jahren, auch in Zürich und St. Gallen wird es praktiziert.
Die Handaufleger haben unterschiedliche berufliche Hintergründe. Viele arbeiten in der Kirche, andere in der Beratung oder der Pflege. Auch die Techniken sind unterschiedlich. Yvonne Lehmann, ehemals Diakonin, etwa hat bei Anne Höfler gelernt. Diese hat unter dem Titel OpenHands eine kontemplative Form des Handauflegens entwickelt. Die Menschen werden meist an der Schulter, am Rücken oder an der Hand berührt. Doch eigentlich sei es egal, wo, sagt Lehmann. Die Wirkung sei dieselbe. Zuvor fragt sie jedoch, was das Anliegen des Besuchers, der Besucherin ist. Manche erzählen dann aus ihrem Leben. Oder berichten von Schmerzen im Körper.
Sitzung geht eine halbe Stunde
«Wer etwa Knieschmerzen verspürt, bei dem macht es Sinn, die Hand dort hinzulegen. Eine Wirkung, eine Resonanz gibt es immer.» Eine der Helferinnen, Verena Küttel, 75, ehemals Supervisorin, hat ihre Ausbildung in England absolviert. Ihr Ansatz ist mehr spiritualistischer Natur. «Es gibt keine Vorgabe, wo die Hand aufgelegt wird», sagt Verena Küttel. «Es geht viel mehr darum, in Verbindung zur göttlichen Kraft zu kommen und zu bleiben.»
Die meisten Sitzungen dauern etwa eine halbe Stunde. Bezahlen muss niemand dafür, doch freut man sich über eine Spende. Die Mitarbeitenden erhalten kein Geld für ihren Einsatz. Das, was eingenommen wird, wird in die Weiterbildung investiert. Und das Ergebnis? Auf Wunderheilungen warte man noch, sagt Yvonne Lehmann lachend. «Wir sehen jedoch viele Menschen, die bedrückt sind, wenn sie zu uns kommen. Beim Rausgehen wirken sie anders. Die meisten fühlen sich getragen, sagen, es tue ihnen gut.»
Neue Türen öffnen sich
Ein Dauerklient schrieb ihr unlängst, dass er sich verstanden und getragen fühle auf seinem schwierigen Weg. Aufgrund des grossen Zuspruchs wurde das Projekt mittlerweile ausgeweitet. Seit einem Jahr wird auch in der katholischen Peterskapelle Handauflegen angeboten: einmal im Monat, jeweils samstags nach dem Mittagsimpuls «zwölfnachzwölf». Auf Einladung war man vergangenes Jahr auch im Alterszentrum Rosenberg in Luzern. Vier Tage lang boten sie im Rahmen von speziellen Wohlfühltagen Einzelsitzungen an. Zahlreiche weitere Anfragen werden geprüft. «Es gehen Türen auf, wo ich es nicht gedacht hätte», sagt Yvonne Lehmann.
Und wie wirkt das Handauflegen auf die Handauflegenden selbst? «Mein Glaube ist dadurch noch gewachsen», sagt Yvonne Lehmann. «Das Handauflegen war ein Kerngeschäft von Jesus. Er hat das getan, was Menschen guttut. Das hat mir den Mut gegeben.»
«Eine Wirkung gibt es immer»