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Kirche und Tiere

Erste interreligiöse Trauerfeier für verstorbene Tiere in der Schweiz

von Tilmann Zuber
min
17.02.2025
Der Kirchkreis Dulliken-Starrkirch-Walterswil im Kanton Solothurn wurde für seine Tierfreundlichkeit ausgezeichnet. Schweizweit einmalig ist auch die interreligiöse Trauerfeier für Tiere, welche die Gemeinde mit Muslimen und Buddhisten feierte.

In der Zwinglikirche ist es dunkel. Vorne im Chor üben Frauen für den kommenden Weltgebetstag und stimmen Lieder von den Cookinseln an. Sascha Thiel, Pfarrer in Dulliken, nimmt die Urkunde von der Wand und liest «Tierfreundliche Kirche». Akut, die Aktion Kirche und Tier verlieh dem Kirchkreis Dulliken-Starrkirch-Walterswil das Zertifikat «Tierfreundliche Kirche».

In der Zwinglikirche bleibt Tierliebe nicht nur ein Lippenbekenntnis, sondern zeigt sich in konkreten Projekten. Die Gemeinde plant, den Hang unterhalb des zeltartigen Kirchenbaus so umzugestalten, dass dort Vögel brüten können. Grund dafür war die Rodung von Hecken in der Nähe, um Platz für sechs neue Kindergärten zu schaffen. Zudem bietet der monatliche Gottesdienst alternativ ein vegetarisches Menü. Und der Jugendclub «Welcome» reinigte gemeinsam mit dem Ornithologischen Verein Nistkästen für Vögel, zählt Thiel die tierfreundlichen Projekte auf.

Interreligiöser Trauergottesdienst für verstorbene Tiere

Die Kirchgemeinde Dulliken erregte mit der ersten interreligiösen Trauerfeier für verstorbene Tiere in der Schweiz die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit. Im Februar fand dieser Gottesdienst statt: Buddhisten, Muslime und Christen trauerten gemeinsam um verstorbene Hunde, Katzen und sonstige Zwei- und Vierbeiner. Gökhan Karabas von der Stiftung Lernforum, Suy Sovann, vom buddhistischen Tempel in Walterswil, und Sascha Thiel brachten mit Texten und Gebeten Impulse aus ihrer Religion ein.

Für Thiel ist die Zusammenarbeit der Religionen bei diesem Thema selbstverständlich: Haustiere spielten in vielen Familien und bei Singles eine wichtige Rolle. Und die Trauer um ein Tier berühre Menschen religionsübergreifend, selbst wenn sie nicht gläubig sind. «Die Texte aus anderen Religionen können uns in der Trauer helfen», sagt Thiel.

Keine Sache, sondern soziale Wesen

Der Pfarrer ist überzeugt, dass Tiere keine Dinge, sondern soziale Wesen sind, die den Alltag der Menschen prägen. Er meint sogar, der Mensch könne von Tieren lernen, «denn sie rotten einander nicht aus, versklaven sich nicht gegenseitig und zerstören nicht die Umwelt».

Die Wertschätzung der Tiere zeigt sich in religiösen Schriften, etwa wenn im Koran die Ameisen sprechen oder im Buddhismus die Metta-Sutta keinen Unterschied zwischen Tier und Mensch macht. Alle Wesen sollten glücklich und zufrieden leben, heisst es dort.

Sascha Thiel räumt ein, dass Jesus von Nazareth ausser im Gleichnis von den Vögeln im Himmel, für die der Vater sorgt, Tiere nicht in besonderer Weise zum Thema gemacht hat. «Entscheidend ist, dass die Theologie die Botschaft des Nazareners in sich permanent wandelnden Kontexten weiterentwickelt.» Tiere tauchten überaus häufig schon in den Apostelakten des 2. Jahrhunderts auf. Dort bildeten sie beispielhaft etwas über die geistlichen Erfahrungen der Christinnen und Christen ab. So brachte Thiel auch im Gedenkgottesdienst die Bekehrungsgeschichte eines Lammes und eines Leoparden aus den Philippusakten ein.

In der Schweiz gibt es inzwischen Abschiedsfeiern für Tiere in sechs Kirchgemeinden. In Dulliken fand bereits letztes Jahr ein solcher Gottesdienst statt. Im Vorfeld begegnete Thiel einer Frau, deren Hund gestorben war, und sah ihre grosse seelische Not. Er fragte sich, was die Kirche tun könne, und stiess auf Abschiedsrituale und Akut, die Aktion Kirche und Tier. Aus dem Kontakt entstand der erste Abschiedsgottesdienst für verstorbene Tiere im letzten Jahr. Die Resonanz war sehr erfreulich.

Thiel selbst hat kein Haustier und keine besondere Beziehung zu Tieren, wie er erklärt. Seit Jahren lebt er als Vegetarier, isst Tofu statt Fleisch. Trotzdem sieht er sich nicht als Ernährungsguru, der anderen vorschreibt, was sie essen sollen. «Jeder soll essen, worauf er Lust hat», sagt er.

 

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