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Armeeseelsorge

«Es war magisch, ein Konglomerat an Tönen und Farben»

von Carmen Schirm-Gasser
min
30.01.2025
Pfarrer Balthasar Bächtold wird ab nächstem Jahr die Schweizer Delegation für ein internationales protestantisches Militärtreffen in Frankreich leiten. Wie er dazu kam, welche Faszination es bei ihm auslöst und welches Ziel solche Treffen haben.

Balthasar Bächtold, 41, ist Pfarrer in Dörflingen und Armeeseelsorger. Wie jeder andere Schweizer auch ist er aufgrund des Milizsystems verpflichtet, in der Armee die Rekrutenschule zu absolvieren sowie die Wiederholungskurse. Wenn Balthasar Bächtold seinen jährlich zehntägigen Dienst in der Armee leistet, ist er dort als Armeeseelsorger tätig. Dann hält er vor Rekruten, Unteroffizieren und in der Offiziersschule Vorträge über die Armeeseelsorge, das Völkerrecht oder den Umgang mit dem Tod. Er bietet Gespräche an, sollte etwa ein Rekrut Gewissensbisse haben oder den Militärdienst abkürzen wollen. Dann spricht er diesem Mut zu, versucht, ihm die Angst vor dem Dienst zu nehmen. Zudem hält er Gottesdienste in den Überlebenswochen.

Dabei trägt er seine Offiziersuniform – auch während der Gottesdienste. Das hat Tradition in der Schweiz. Seit etwa 150 Jahren tragen die Armeeseelsorger Uniform. Zudem stehen sie nach Absolvierung eines technischen Lehrgangs im Rang eines Hauptmanns. Jeremias Gotthelf, ein Feldprediger im 19. Jahrhundert, hatte während des Streits zwischen den Kantonen Basel-Landschaft und der Stadt Basel, den Vorschlag gemacht, Feldprediger besser zu integrieren, da diese stets Aussenseiter waren. Zur besseren Integration sollten sie einen anständigen Rang erhalten und Uniform tragen dürfen.

Netzwerk zwischen christlichen Armeen aufbauen

Armeeseelsorger teilen ihren Dienstalltag mit dem Leben der Soldaten. Sie schlafen in denselben Unterkünften, essen mit ihnen am gleichen Tisch. «Dadurch wird Distanz abgebaut, wir werden so zu Kollegen», sagt Balthasar Bächtold. Ganz im Unterschied zu Armeepsychologen, die das Leben weniger stark mit Soldaten teilen. Armeepsychologen müssen an einem bestimmten Ort aufgesucht werden, nachdem man ein Gespräch vereinbart hat.

Es ist wichtig, dass man im Fall einer geopolitischen Krise vernetzt ist.

Seit Oktober vergangenen Jahres hat Balthasar Bächtold eine zusätzliche Position in der Armee. Da er seit fünf Jahren in Zürich Rechtswissenschaften studiert (er studierte in Basel, Beirut und Bern Theologie), hat man ihm die Position für die internationale Koordination angeboten. Diese beinhaltet die Organisation und Leitung des internationalen protestantischen Militärtreffens in Méjannes-le-Clap. Ziel dieser Treffen ist, ein internationales Netzwerk zwischen christlichen Armeen aufzubauen. Die Teilnehmer reisen als Privatpersonen dorthin, dürfen aber ihre Uniformen tragen.

15'000 Soldaten aus ĂĽber 35 Nationen

Erfahrung mit internationalen Militärtreffen hat Balthasar Bächtold schon gesammelt. Vergangenes Jahr im Mai nahm er an dem katholischen Militärtreffen in Lourdes teil. 35 bis 40 verschiedene Nationen waren bei dem Treffen in dem bekannten Pilgerziel vertreten. 15000 Soldaten waren anwesend, mehrheitlich aus europäischen Ländern, aber auch aus Amerika und Afrika, Kleinere Delegationen waren mit 50 Soldaten vertreten, grössere, wie jene von Italien, mit bis zu 2000. Übernachtet wurde in Zeltlagern oder Hotels.

Während des Treffens gab es zahlreiche Veranstaltungen, Gottesdienste, Zeremonien und Konzerte der Militärmusik. Am Abend hatten die Soldaten im Ausgang Zeit, sich zu vernetzen und andere ausländische Soldaten kennenzulernen. «Das fördert die internationale Solidarität», sagt Balthasar Bächtold. Es sei wichtig, dass man im Falle einer geopolitischen Krise vernetzt sei, dass man andere Soldaten beispielsweise aus Frankreich oder Spanien kenne, auf die man zurückgreifen könne. Kurzum: Das Netzwerk führe zu einem grösseren Zusammenhalt, sollte es zu geopolitischen Krisen kommen.

200 Armeeangehörige in Lourdes

Seit dem Zweiten Weltkrieg gibt es regelmässige Treffen seitens christlicher Armeen. Organisator der jährlichen Treffen in Lourdes ist die katholische Kirche. Die Delegation der Schweizer Armee für Lourdes umfasste 200 Personen, vorwiegend aktive oder ehemalige Armeeangehörige, die Militärmusikkompanie sowie Zivilpersonen. Sie nahmen allesamt freiwillig während ihrer Freizeit an der Veranstaltung in Lourdes teil. «Es war imposant, zu sehen, wie sich die Armeen miteinander verbunden und verflochten haben», sagt Balthasar Bächtold, der vor Ort der einzige protestantische Militärseelsorger der Schweizer Delegation war. Es sei magisch gewesen, wie die einzelnen Trupps durch die Stadt liefen, während verschiedene Militärmusikkapellen spielten. «Es war ein Konglomerat an Tönen und Farben, basierend auf einer militärischen Ordnung, eingebettet in einer feierlichen Feststimmung.»

«Zwischen den Soldaten baute sich eine Solidarität auf, die auf einem gemeinsamen Interesse an Spiritualität, dem Interesse an Lourdes und der Marienerscheinung beruhte.» Man sah sich Kirchen an, marschierte zusammen in der Kolonne. Schlussendlich machte sich die Schweizer Delegation selbstständig, veranstaltete mit der eigenen Militärmusik ein Konzert in einem Park, lud den Bürgermeister ein und verteilte Lindor-Kugeln. Einige Soldaten kamen auf Balthasar Bächtold zu und baten ihn um ein Seelsorgegespräch. «Es hat vielen Soldaten einen Halt gegeben und einen Sinn vermittelt, dass ein Pfarrer in Uniform unter ihnen war», sagt Balthasar Bächtold. Ab nächstem Jahr wird Bächtold die Schweizer Delegation für das internationale protestantische Treffen in Méjannes-le-Clap leiten.

 

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